Samstag, 23. August 2014

Neues Layout und einige Bilder...

Sie sind nicht Handke und schon gar nicht Kafka. Aufzeichnungen und Notizen aus einer Zeit im Gefängniss. 


Begegnungen und Erzählungen drumherum von Malen Radi im Jahr 2014.

ICH WILL, ABER ICH DARF NICHT!
Ichbingefangen, ichwillfreisein, ichwilldenkendürfen, ichwillwasichwill, tununddenkendürfen, ichwillfreiatmenkönnen, ichwilldurchWiesenlaufen, durchWälder, inWäldernlebenundlieben,
ichwillküssen, ichwilldasLebenlieben, ichwillfreisein, morgenmöchteichraus, ichwerdeKraftbrauchen, meinGeistdarfnichtaufgeben,ichwillwiederichsein, ichwilllassendürfen,was ichwill, ichwillnichtausdenRhythmuskommen, ichwillfreidenkendürfen, ichwillnichtfürden Sozialismusleben, ichmagkeinePolitik, ichwillfreisein, ichwillMenschsein, ichwilldahinwoichwill,
ichwillalles, ichwilldieWeltkennenlernen, ichwillmichspüren, ichwillmichrühren, ichwillkaufen, ichwilllachen, ichwillnichtalleinsein, ichwillnichtisoliertsein, ichwillhinaus,ichwilllieben, ichwillstarksein, ichwilldurchhalten, ichwilllausche, demWindunddenMenschen, ichwilldieVögekhören, ichwillfreisein, ichwillichsein, lasstmichhinaus, ichwillmichnichtbrechenlassen, ichwillnichtsterben, ichwillleben, ichwillMenschsein, ichwillautonomsein, ichwillerwachsensein, ichwillimmehrichsein, dürfenundwollen, lachenundlieben, ichwilldassiewissen, dasmanMenschennicht brechenkann, ichwilldassiespüren, dassieunrechttun, ichwilldassiemeineMachtspüren, Menschzusein, ichzusein, individuellzusein, ichsein, Menschsein, lautsein, lachendürfen,liebendürfen, wollendürfen, denkendürfe, ichsein, ichwillfreisein, ichwillMenschein, ichwillraus, ichwillhierwiederraus!!!
Allessollneswissen, keiner darf es vergessen! Ich will ich sein!

Sie sind nicht Handke und schon gar nicht Kafka. Sie sind was sie sind und müssen büßen. Heute in Gedanken im Irak und bei all den Menschen, die hungern, frieren und kein zu Hause habe. Fü den Frieden, für die Schwachen und für die Armen. Für alle Menschen denen Leid und Unrecht zugeführt wird. Gegen Machthaber jeder Art. Gegen die Verletzung der Menschenrechte und gegen Krieg im allgemeinen. Ganz allgemein sollen sie gelten die Schreie derer die Schmerzen haben.

ZUGVOGEL

Zugvogel,
Deine Freunde
Sind Stürme,
Reisende
Über dem Ozean...

Sie ist in der Frühe,
Dein Sehnsuchtsflügel,
die Mitternachtssonne,
das Abendstrahlen-
Und alle Gestirne
Winken und rufen:
Sei standhaft!

Eine Hälfte deines Lebens
Ging mit ihr fort...
Zugvogel, sieh den Felsen,
die weißen Flügel
der Wiedergefundenen,
Verlorenen, Geborgenen
Über dem Seelenozean...

von Achim von Hirscheydt.

Die Sehnsucht eine Legende zu werden, sowie den Gefängnistagebuchnotizen, und diversen anderen Aufzeichnungen gerecht zu werden. Ziemlich verwirrt und in diversen Kontexten spiegelt sich wieder, was einer fühlen kann. Eine steht hier für viele. Der Sinn ist es das Leben einer Europäerin in unserem Jahrhundert darzustellen, um zum Nachdenken anzuregen. Was sind die Folgen der Geschichte der vergangen Jahrhunderte. Was war zum Beispiel am 24. März 1999!? Laut Handke ein Datum, welches in den Himmel eingraviert gehört, in Leuchtbuchstaben! Was passiert, wenn wir nicht auf unsere Familien, Freunde und unsere Mitmenschen achten. Wie schlimm Kriege und atomare Bedrohungen sich auswirken auf jeden von uns. Ob wir nun direkt dabei sind oder waren, oder nicht. Für jeden verändert sich die Welt und sein persönliches Leben. Für jeden entstehen ganz persönliche Bedrohungen.
Frühlingsstimmung, Vogelgezwitscher und eine laue Prise. Sie steckt ihren Kopf in ihr Tagebuch, rundum all ihre Bücher und Aufzeichnungen. „Finde ich einen Grund meine Geschichten aufzuschreiben? Muss ich im Selbstverlag alles alleine machen, oder bekomme ich Hilfe und Unterstützung und von wem? „ Man soll sich nicht mit den Staaten anlegen. Man soll ein braver Bürger sein. Denke an Edward Snowden. Sie ist stolz, das es Menschen wie ihn gibt. Möchte ihm gerne helfen.
'im Ringen der Anschauungen für den europäischen Geist und die humanitäre Gesinnung eine Tribüne zu sein' (Zitat aus den Statuten des Europa Verlages.)
Sie sitzt im Zug, vor sich die Literaturliste, bzw. ein Auszug:
Konrad Heiden: Adolf Hitler. Das Leben eines Diktators. Das Zeitalter der Verantwortungslosigkeit. Europa, Zürich 2007, ISBN 3-905811-02-2. (Vorwort zur Neuauflage 2007, über Oprecht als Verleger.)
Alexander Hildebrand: Oprecht, Emil Adolf. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 19, Duncker & Humblot, Berlin 1999, ISBN 3-428-00200-8, S. 581 f. (Digitalisat). Ich bin auf der Suche nach einem Verlag. Und satt nach Frankfurt zu reisen und endlich die verschiedensten Gespräche zu führen, bin ich im „Aus“ gelandet. Fühlt sich an, wie auf einem Abstellgleis. Ob das gut ist oder nicht, das werden wir erst im Lauf der Zeit herausfinden. Jedenfalls scheint es so, als wenn es notwendig ist, dass man mit der Öffentlichkeitsarbeit und eine deutlichen PR Arbeit beginnt, noch bevor man sich so wirklich präsentiert. Ganz im geheimen und sehr verborgen zu arbeiten ist natürlich nett. Aber dann in ewiger Abhängigkeit? Lass deinen
Blindenzauberstab
Meine Schläfen berühren,
Den Sehenden
Mich zu Dir führen...
So begann ich und
Wusste nicht weiter
im Regen... Zur Zeit ist es wirklich lästig, dieser viele Regen. Jeden Tag schüttet es! Erkundet sein
Leise beflügeltes Eilen
Die Mauern,
Die Menschenhindernisse,
Die Fesseln des Erinnerungsschweren,
Ausgesetzt auf
Marmornen Kirchenstufen? Und ewig werde ich die Atmosphäre in der Toskana lieben. Karren, elende Pferde,
Bärtige Männer,
Sie schleppen dich fort
in das hundertjährige Ringen... Deine Abschiedsblicke,
Weiße Sonne, dein Winken, Näher und ferner. Aus sternlosen Meeren. Die Gedichte und Worte des Achim gehen mir nicht aus dem Kopf! „Die Sehnsucht zum Meer zu kommt, jedes Jahr, diese Sehnsucht bleibt ungebrochen. Weiter mit meinem Thema, welchen Verlag werde ich finden? Wer wird mich vertreten wollen?“
Der 1933 vom Schweizer Verleger und Buchhändler Emil Oprecht gegründete Verlag veröffentlichte während der Zeit des Nationalsozialismus vor allem Werke von verfolgten Autoren und galt damit als so genannter Emigrantenverlag. Auch war der Europa Verlag einer der wichtigsten Theaterverlage der damaligen Zeit. Emil Oprecht gehört zu den legendären Verlegern des vergangenen Jahrhunderts, der in täglichem Kampf für die Unterstützung Verfolgter, gegen zunehmenden Druck auch der schweizerischen Zensur und gegen alle ökonomischen Widerstände aufrecht blieb. In dem halben Jahrhundert des Bestehens seines Verlages standen im Programm Autoren und Bücher im Vordergrund, die für die Würde und Freiheit des Menschen eintraten.

WOLKENBÄNKE

Wolkenbänke,
Halte die Winde an,
Daß sie lauschen
Den schwarzen
Wellen des Flusses...

Wolkenbänke,
Schiffe der Winternacht,
laßt uns reisen
Mit getrösteten Stürmen...

Immer kommen mir die Gedichte von Achim von Hirscheydt in den Sinn, die ich so gerne habe.“
In Memoriam, es ist vorbei und doch nicht!

Ich habe geträumt, ich mache eine Oper mit T. Schuler aus der Geschichte der Anuschka Brown. Mit den Liedern, welche wir 2006 in Wien produziert und mit der Razumovsky Gesellschaft, in deren Palais uraufgeführt haben.

GEFLÜGELTE SONNE

Aus feurigen Dornen
Steigt die
Geflügelte Sonne,

Und erwärmt
Im Friedensgesang
entrückter Krieger

Die vibrierenden Meere. ( A. v.H.)

So sexy, sind sie die Worte, dieses Dichters! Mein Körper erschüttert durch und durch, bei diesen Worten. Die Bilder erscheinen vor mir.“ Dann, im Fernsehen die Bilder von Fidelio, die in einer Gedenkstätte eines ehemaligen Stasigefängnisses, gerade zur Premiere kommt. Ich habe Recht. Es ist ein wichtiges Thema und wird es wohl noch einige Zeit bleiben. Ich bin nicht die einzige, ich bin einen von vielen, denen Unrecht geschehen ist! Warum erfahre ich nichts über meinen Großvater? Warum wir alles verschwiegen. Wieso erfahre ich erst jetzt, dass meine Großmutter Ihre ersten zwei Töchter und Ihren ersten Mann in Auschwitz verloren hat. Wieso haben meine Stiefgroßeltern soviel Kummer mit Ihren Kindern erleben müssen? Wieso wurden sie von ihnen verurteilt? Das Machtausüben, das Wegnehmen, das Enteignen, das Verbannen und Erniedrigen, ebenso, wie das etwas Verlieren, Weggenommen bekommen haben, Geplündert werden, Besitz verlieren, wieder aufbauen müssen, wieder beginnen müssen, nichts mehr haben, alles verlieren.
Ein anderer berichtet: „Es schmerzt alles schmerzt, die Erinnerungen alles. Es geht nicht mehr weg. Strafe, die bleibt, wie ein Wikinger der verstoßen wurde. Alles ist Strafe. Es gibt kein Leben mehr ohne Strafe. Alles tut weh. Nichts geht mehr. Ich versuche auf und ab zu gehen. Genau fünf Schritte kann ich machen. Mache ich kleine, schaffe ich auch sechs oder sogar sieben. Ich mache aber lieber einen richtigen Schritt. Also was soll ich machen. Es tut so weh. Ich bin völlig zerbrochen. Hätte ich Schmerzmittel. Ich würde sie schlucken. Ohne Ende. Nur um die Schmerzen zu bekämpfen. Man kann das nicht beschreiben. Nicht ausdrücken. Diese Schmerzen. Ganz allein. Alles ist Strafe. Ich bin ernüchtert. Ich bin gefangen. Im Schmerz. Da komme ich nicht mehr heraus. Die Erinnerungen sind gnadenlos. Es tut weh. Alles tut weh. Ich kann nicht sitzen. Nicht gehen. Nicht stehen. Liegen darf ich nicht. So kann ich wenigstens die Zeiten unterscheiden. Wann ich liegen darf, und wann nicht. Das Licht geht selten aus. Ich verbinde mir die Augen. Ich kann nicht mehr schlafen. Ich bin so erschöpft. Aber körperlich? Also mir tut alles weh. Im Herzen. Mein Körper. Mein Geist, die Seele. Ich kann das nicht beschreiben. Man kann das aushalten. Es kommt kein fröhlicher Gedanke mehr. Keine Erinnerung. Es gibt nichts mehr. Ich bin leer. Ich bin allein. Und es ist meistens Licht. Und immer weine ich innerlich. Aber keine Träne kommt mir mehr. Ich bin leer und voller Schmerzen. Kann mich nicht erinnern das jemand mit mir freundlich gesprochen hat. In den letzten Jahren. Ich bin leer. Ich fühle mich sterbend. Ich warte auf den Tod. Ich kann nur noch auf und ab gehen. Ich fühle mich so KO, so geschlagen. Nichts gibt es mehr. Gar nichts. Kein Funke Lebenslust. Kein Lachen. Ich bin schon lange tot. Und doch nicht. Ein Häufchen Elend voller Schmerzen. Man nannte mich mal. Jetzt nennt mich niemand mehr. Ich werde sterben und es wird mich doch immer geben. Ich bin nicht wie Jesus, aber ich bin wie ein Märtyrer. Ein Opfer. Ein etwas das bestraft wird. Ich bin etwas voller Schmerzen. Überall. Ich kann nur sagen soviel Schmerzen gibt es. Wer kann das ausdrücken, wenn man so einer ist. Einer der Leiden muss. Einer der das Leid trägt. Ich glaube an Gott und daran das es Opfer geben muss. Für die Menschen. Für alle. Ich bin es, so ein Opfer und ich muss büßen. Ich bin so voller Leid und Unwohl. Ich kann mich nicht erinnern mich einmal wohl gefühlt zu haben. Doch kleine Momente gibt es jeden Tag. Jeden Tag verfluche ich, das ich sie überleben muss, um der Nachwelt zu erzählen, wer ich war. Ich kenne die Strafe, die Folter. Ich kenne das Elend der Bestraften. Braucht der Mensch das Bestrafen, um zufrieden zu sein? Oder sich sicher zu fühlen vor wirklichen Mördern und Verbrechern? Aber die findet man ja nicht im Gefängnis, die wissen sich zu schützen. Braucht es immer Menschen, die Strafe ertragen müssen. Zu Recht oder Unrecht. Es ist alles willkürlich. Denn, wer bestraft und verurteilt, der ist nie ein Opfer gewesen. Der kennt weder das Vergeben noch das falsche Urteil, der urteilt aus irgendwelchen Gründen. Historisch ist das. Wann wird es das nicht mehr geben, das Menschen, Menschen verurteilen dürfen? Ist dem Mensch nicht klar, das Strafen schmerzt und weder heilt noch Wunder vollbringt? Strafe ist immer ungerecht und ein politischer Häftling immer ein Opfer der Politik.
Und ich ich bin so dumm nicht mehr an Flucht zu glauben.(Aber die Realität holt mich ein, fliehe ich vor Berlin? Vor München? Warum zieht mich Wien so an? Ist es die Sehnsucht nach der Heimat?) Ich habe die Hoffnung aufgegeben und begraben. Auch wenn ich mir täglich kleine Gemeinheiten, erlaube um die Wärter zu ärgern und ihnen ihre Arbeit schwer zu machen. Das ist meine kleine Freude. Wo kann ich ihnen weh tun. Wie kann ich sie treffen. Was kann ich tun um ihren Machtbereich in Frage zu stellen. Ich freue mich dann, ich lache innerlich. Aber ich zeige ihnen immer meine grinsende Fresse, ob ich Schmerzen habe, oder nicht. Ich bin stolz. Es vergeht nicht. Meinen Stolz kann man nicht brechen. Mich kann man nicht zwingen, meine Schmerzen zu zeigen. Mich kann man nur töten. Ich werde nicht vergessen, was man mir angetan hat. Meine Schmerzen sind für alle. Ich habe so fürchterliche Schmerzen und ich werde sie nie heilen können. Nicht einmal der Tod wird mich erlösen. In der Hölle sollen alle meine Peiniger schmoren. Ich verfluche sie alle. Mein Fluch lastet auf dieser Generation. Die Peiniger und Verantwortlichen, die haben mir nicht nur ein Denkmal gesetzt. Die haben mir die Macht gegeben sie zu verurteilen, für immer. Durch mein Opfer. Durch mein Sein. Meine Schmerzen, mein Leid und mein Tod, der bleibt. Der brennt sich in die Geschichte ein. Keiner wird mich vergessen. Keiner soll mich vergessen. Jeder wird meinen Namen kennen. Jeder wird wissen, ich stehe für die ungerechte Bestrafung von anders Denkenden. Ich bin ein Rocker und ich bleibe ein Rebell. Hier enden die Gedanken, die Erinnerungen, welche ich mir immer und immer wieder anhören muss und will. Ich acht ihn für seinen Schmerz. Menschenrechte hin, Menschenrechte her! Sie reißt mir die Augenbinde von den Augen. Gott sei Dank. Kein Albtraum. Das alles war Wirklichkeit. Ich weiß jetzt, wie ich Dir ein Denkmal setzen kann. Gott sei Dank bin ich nicht allein. Im Moment. Jetzt muss ich meine alten Manuskripte herausholen sie wieder durchlesen. Eine Story, eines Versuches, das Leben zu bewältigen? Dem Leben etwas abzugewinnen, aus ihm etwas Besonderes zu machen? Sie versucht dem Dolmetscher zu erklären, dass sie Angst hat, für schuldig gesprochen zu werden. Sie hat zwar keine klare Ahnung für was sie alles angeklagt wurde, aber sie hat Angst. Und sie weiß, ihr früherer Geschäftspartner hat es ihr angedroht, dass er sie ins Gefängnis bringen werde, weil sie nicht mit ihm zusammen sein wollte. Mit welcher Geschichte hat es angefangen? Welches Kapitel soll ich aufschlagen. Sie sitzt jetzt ihrer alten Schulfreundin gegenüber und möchte ihr die Geschichte erklären und die Tagebücher vorlesen. Ein Gefängnis aus Ziegelsteinen für gut tausend Häftlinge. Männer und Frauen, am Stadtrand. Man sieht von manchen Fenstern entweder über die Hügelkette oder auch über das Stadtpanorama. Eigentlich ein ganz schöner Blick hinaus. Der ständig die Lust auf Fluch auslöst. Bewölkt, kein Hauch regt sich. Totale Windstille! Lieber Gott, das ist nicht wahr. Ich bin tatsächlich im Gefängnis. Was soll das, wie lange werde ich hier bleiben. Drei Tage, oder drei Monate? Im Gefängnis angekommen, eingekleidet in die Anstaltskleidung kommt sie erst einmal für eine Woche in eine Isolierzelle im Erdgeschoss. Sie wird beobachtet, wie sie sich verhalten wird, so eingesperrt. Sie starrt die Wand an. Noch gibt es sogar eine bunte Tapete und recht viel Platz. Später sollte sie feststellen, das zwar das Alleinsein in den ersten Tagen sehr hart war, aber besser als gleich den Machtstrukturen in einer winzigen Zelle ausgeliefert zu sein, die dann nur noch halb so groß sein sollte, wie die, in der sie am Anfang war.
Am Ende der ersten Woche hatten Sie dann die ersten Kontakte mit anderen Neuzugängerinnen, da war sie schon Herrin ihrer Lage und konnte trösten.
Umsiedelung in das obere Stockwerk. Endlich wieder etwas Licht! Und Xaver, er schreibt täglich!Vorwärts und nicht vergessen. Vorwärts, was wird morgen sein. Ich darf nicht immer zurückblicken. Es sind ewige Albträume, die Erinnerungen. Und jetzt die Manuskripte. Sie holen mich ein. Die Blätter fliegen um mich herum, alle durcheinander.






ABENDSONATE
Mit seinen
Winterlichen Flügeln
Umarmte
der Abendwald
Wanderers Schatten,

Mondes Eulenauge
Tat sich auf.

Sanft erschrockene
Gleichgültigkeit
Zart eilender Rehe,

Rauhe Weisheit
Verborgener Abendkrähe.

(Rauhe Weisheit,
Kälte ohne Ende.)

Um die Geheimnisse
wehenden Schnees
Wußte der Zweibeiner
Todesspuren
Belächelnder Marder,

Ein Abendhauch
Durchzitterte
Äste wiegend
die graue Ödung.

Sie dreht sich im Kreis, immer starrt sie auf die Wand vor sich. „Ganz still war es um mich, seit ich geschieden bin, suche ich die Ruhe, die Klausur und die Einsamkeit. Ich habe Angst bekommen, vor den Menschen. Bereits seit zwei Tagen, oder sind es zwei Wochen, oder vielleicht zwei Monate, oder Jahre? Die Zeit ist für mich irrelevant geworden. Seit ich verurteilt wurde. Die Angst ist gewichen, die Angst vor dem Gefängnis, aber nicht die Sorge, vor Strafe und auch nicht das Gefühl am Ende zu stehen.“ Grimm's Märchen sind heute mein Thema. Insbesondere das Schneewittchen. Weil Schneewittchen und Dornröschen, sowie Schneeweißchen und die Sterntaler immer so eine Mollstimmung in mir aufkommen lassen. Zur Zeit lebe ich in Moll. Morgens, wenn ich aufwache, dann höre ich Moll-Klaviersonaten und Konzerte in Moll. Von einem einem Moment in den anderen werde ich so melancholisch. Die anderen Grimm´s Märchen. Brüderlein und Schwesterlein (meine Schwestern werden wohl nie erfahren wie wichtig mir die Schwesterliebe ist!), sowie Frau Holle und Rotkäppchen waren mir auch wichtig. Meine Mutter hat es geliebt sie mir vorzulesen. Ich lese sie meinen Mädchen aber noch viel zu selten vor. Hoffentlich finden sie Zeit, sie ihren Kindern einmal vorzulesen. Schneewittchen und die sieben Zwerge. Dieses Märchen habe ich immer und immer wieder gelesen! Immer bin ich in die Rolle dieses schönen Mädchen geschlüpft. Immer wollte ich Schneewittchen sein. „Es war einmal mitten im Winter, und die Schneeflocken fielen wie Federn vom Himmel herab, da saß eine Königin an einem Fenster, das einen Rahmen von schwarzem Ebenholz hatte, und nähte.“ So poetisch finde ich diese Bild. Noch heute ist es das Madonnenbild in meinem Herzen.
Ich nähe auch wieder und sitze am Fenster, wenn ich schreibe, nachdenke und arbeite.
Und wie sie so nähte und nach dem Schnee aufblickte, stach sie sich mit der Nadel in den Finger, und es fielen drei Tropfen Blut in den Schnee.“ ….Oh je.
Ihre Pässe bitte!“....Schneewittchen muss sich retten!
Ach, bitte …schnell! Wie könnte ich fliehen. Ich schau mich um. Viele Menschen. Warum habe ich nicht trainiert gut laufen zu können. Jetzt wäre es eine Chance. Hier auf dem Bahnhof. Hier steh ich noch ohne Handschellen, ohne Gitter ohne eisernen Griff. Später als ich zum Gericht gefahren wurde, erinnere ich mich. Dort auf dem Bahnhof wäre es die Beste Chance gewesen um davonzulaufen und sich zu verstecken. Nun verschlingt mich die Justiz. „Nun war das arme Kind in dem großen Wald mutterseelenallein und hatte große Angst und wußte nicht, wie es sich helfen sollte.“

WARNUNG

Kind, hüte dich
Vor den Augen
Des Märchenbrunnens!

Die Wiesen
Seines Spiegels
Tragen dich nicht,

Auch nicht
die wolkenweißen
Abendpferde...

Es dämmert schon!
Die klugen Brunnenschlangen

Ringeln sich um deine
Zögernden Füße...
Eile!
Besinne dich nicht!

( Achim v. Hirschheiydt)

Da fing es an zu laufen und lief über die spitzen Steine und durch die Domen, und die wilden Tiere sprangen an ihm vorbei, aber sie taten ihm nichts.“ (Ganz mutig und kühn, oder?) Gott sei Dank, bin ich nicht geflohen. Noch heute wäre ich auf der Flucht. Ein Leben im Untergrund. Immer wieder male ich es mir aus. Was ich weiß von Anne Frank und anderen. Ich weiß es geht. Es geht unter den schlimmsten und schwierigsten Umständen. Es gab immer Menschen die das geschafft hatten, so einer wollte ich sein. Dann endlich bei den sieben Zwergen! Aber wie diese Zetern! Wer hat von meinem Tellerchen gegessen und so weiter. Wie poetisch. Ich muss mir dieses Gezeter immer unter den Kindern anhören. Das ist meins, Wieso hast Du das? Wieso bekommst Du etwas, was ich nicht habe? Dann sah sich der erste um und sah, daß auf seinem Bettlein kleine Vertiefung war. Da sprach er: „Wer hat in mein Bett getreten?" Die anderen kamen gelaufen und riefen: „In meinem hat auch jemand gelegen." Als der siebente aber in sein Bett sah, erblickte er Schneewittchen, das lag darin und schlief. Einer der Schönsten Momente ist es, jemanden im Schlaf zu betrachten, der sich ausruht. Entspannt ist und gerade keine Sorgen hat. „Da erzählte es ihnen, daß seine Stiefmutter es hätte umbringen lassen wollen, der Jäger hätte ihm aber das Leben geschenkt, und da wäre es den ganzen Tag gelaufen, bis es endlich ihr Häuslein gefunden hätte.“ Die Zwerge sprachen: „Willst du unseren Haushalt führen, kochen, Betten machen, waschen, nähen und stricken, und willst du alles ordentlich und rein halten, so kannst du bei uns bleiben, und es soll dir an nichts fehlen." Das versprach Schneewittchen und blieb bei ihnen. Die Gute! Die Königin aber, die glaubte, Schneewittchens Lunge und Leber gegessen zu haben, dachte an nichts anderes, als wieder die Erste und Allerschönste zu sein, und trat vor ihren Spiegel und sprach: „Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?"
ich möchte auch immer schön sein und ich möchte es auch meinen Töchtern bei bringen, den Wunsch immer schön und geliebt zu sein.

AN EINE DIE FORTGING

Leichter als Frühwind
Verhauchte
Dein Abschiedskleid
Rosengolden
Am westlichen Himmel.

Bald werden
Die Gebirge und Hügel
Unter den
Lichtergedanken der Sterne
Dunkelheit sein.

Sieh das
Abschiedsglühen der Sonne,
Ihre Lippen
Berühren das Herz,
Die gebeugten Gräser. (A.v.H)

Dieses Märchen wird nie enden und immer so weiter gehen. Gott sei dank kann ich es auswendig. Satz für Satz. Was bleibt ist eben das, was man im Kopf hat. „Da antwortete der Spiegel: „Frau Königin, Ihr seid die Schönste hier, aber Schneewittchen über den Bergen, bei den sieben Zwergen, ist noch tausendmal schöner als Ihr." Da erschrak sie, denn sie wußte, daß der Spiegel keine Unwahrheit sprach, und merkte, daß der Jäger sie betrogen hatte, und Schneewittchen noch am Leben war.“
Meine Kinder haben jetzt eine Lügendetektor am Handy und probieren das aus. Wann klingt etwas wahr und wann erkennt man die Lüge und woran liegt das? Nur am Tonfall? Und da sann und sann sie aufs neue, wie sie es umbringen könnte; denn solange sie nicht die Schönste war im ganzen Land, ließ ihr der Neid keine Ruhe. „Nun will ich dich einmal ordentlich kämmen." Das arme Schneewittchen dachte an nichts Böses und ließ die Alte gewähren; aber kaum hatte sie den Kamm in die Haare gesteckt, als das Gift darin wirkte und das Mädchen ohne Besinnung niederfiel. „Du Ausbund von Schönheit", rief die boshafte Frau, „jetzt ist's um dich geschehen" und ging fort. Zum Glück aber war es bald Abend und die sieben Zwerglein kamen nach Hause. …..„Ach Gott, wo bin ich?" rief es. Der Königssohn sagte voll Freude: „Du bist bei mir", und erzählte, was sich zugetragen hatte und sprach: „Ich habe dich lieber als alles auf der Welt; komm mit mir in meines Vaters Schloß, du sollst meine Gemahlin werden." Da war ihm Schneewittchen gut und ging mit ihm, und ihre Hochzeit wurde mit großer Pracht und Herrlichkeit vorbereitet. Die Königin mußte fort und die junge Königin sehen. Und wie sie in den Ballsaal trat, erkannte sie Schneewittchen, und vor Angst und Schrecken stand sie da und konnte sich nicht regen. Es waren schon eiserne Pantoffeln auf ein Kohlenfeuer gestellt; die wurden mit Zangen hereingebracht. Da mußte sie die rotglühenden Schuhe anziehen und darin tanzen, daß ihre Füße jämmerlich verbrannten, und sie durfte nicht aufhören zu tanzen, bis sie tot zu Boden fiel. Wie beeindruckt war ich als von einem Seminar gehört habe, bei dem man lernt über glühende Kohlen zu gehen, ohne sich zu verbrennen. Ist Einbildung auch eine Bildung, oder kann man doch über Wasser gehen. Ich denke es ist möglich unmögliches wahr zu machen. Und ich glaube an Selbstheilung und die Visionen Berge zu versetzen. Auch das man mit dem Kopf durch die Wand laufen kann, mag schmerzhaft sein. Aber auch erfolgreich. Fluch, Sehnsucht nach einem Stillstand. Still war es um sie geworden, bereits seit zwei Tagen. Kaum Schritte, kaum ein Geräusch. Sie war im Keller eines sehr alten Gefängnisses. Das Fenster war zugeklebt. Sie konnte sich nicht orientieren. Draußen war sie auch noch nicht gewesen. An den ersten drei Tagen in Haft, bekommt man noch keinen Hofgang. Man soll sich erst einmal beruhigen. Außerdem war Wochenende. Nichts. Stundenlang nichts. Sie starrt das Waschbecken an und die WC Schüssel, gleich neben der Tür. Sie hat nichts zu tun, als auf und ab zu gehen und nachzudenken. Sich selbst zu fühlen. Wie es sich anfühlt, eingesperrt zu sein. Nun es fühlt sich leer an. Am Montag dann endlich geht die Zellentür auf. In den letzten zweiundsechzig Stunden ist nur die Klappe aufgegangen für das Essen, die Knödel und das Brot, am Morgen und am Abend. Morgens mit Butter, abends mit Streichwurst. Nun bekommt sie endlich Gesellschaft. Ein Neuzugang. Wer ist das. Sie weint die ganze Zeit. Ja, es ist nicht leicht verhaftet worden zu sein. Sie ist leer und still geworden und hofft auf die kleinste Veränderung. Auf die Veränderung von Lichtverhältnissen und Geräuschen im Raum und vom Gang her. Dann, sie kann nichts tun und nichts anfangen, mit diesem neuen Mädchen. Außer ihm zu sagen, das jetzt sehr lange gar nichts passieren wird. Das Nichts zu ertragen ist am Schwersten. Nichts tun zu können, außer seinen eigenen Kopf zu gebrauchen. Die Gedanken schwirren herum. Warum musste ihr das passieren. Was war geschehen? Was hat sie falsch gemacht. Wer wollte sie im Gefängnis sehen und wer hat sie und warum überhaupt angezeigt? Also, alles dreht sich im Kreis. Sie macht sich vorwürfe, nimmt die neu Angekommene in den Arm. Sie sprechen nicht die gleiche Sprache. Sie kann ihr nur sanft über das Haar streicheln. Sie weiß, das tut gut. Bei ihr war niemand da, in den ersten Tagen. Niemand, der sie getröstet hätte, niemand, der ihr beigestanden wäre. Einfach nichts und niemand. Gar nichts. Kein Stück Papier, kein Stift, kein Mensch, kein Hauch, kein Sonnenstrahl, keine Worte, keine Stimmen, einfach nichts. So ruhig, als wenn sie alleine wäre, in diesem riesigem Gefängnis. Nun sollt sich das ändern. Die Tür ging noch einmal auf, noch eine andere Frau! Jubel, ein weiterer Mensch. Aber auch wieder Stille, weil keine gemeinsame Sprache vorhanden war und keine Worte für die einfachst Kommunikation gefunden werden konnte. Nur ein Hallo, dann schlief sie auch schon, später weinte sie still und leise stundenlang vor sich hin. Dann der erste Hofgang, zu dritt. Wie aufregend! Also, da gab es endlich etwas zu sehen. Auf der linken Seite scheinbar der Männertrakt. An den Fenstern hingen einige Jungs und winkten. Dann auf der anderen Seite der Frauentrakt, dort waren aber die meisten Fenster geschlossen. Eigenartig. Aber die Fenster dort waren auch alle viel kleiner und eher nur so kleine Luken. Wir wurden gefragt, wie wir heißen, wie lange wir schon da sind und woher wir kommen. Die Jungs wollten alles wissen. Wir hatten Angst zu plaudern und schauten eher nur auf den Boden. Dann flog ihr ein Zettelchen vor die Füße! Wie wunderbar, mit Herzchen darauf, was für ein Glück, ein Verehrer! Blickwinkel verschieben sich.
Der Erste, der Beste, der Liebste, Valerie! Nun war die Welt gerettet. Die Sonne strahlte. Eine frische Priese zog durch den Hof. Valerie schickte ihr seine Zellenadresse und eine Briefmarke und schrieb, sie solle ihm schreiben. Man dürfe sich untereinander Post schicken, von Häftling zu Häftling, über den Briefträger und die Post. Es dauert nur einen Tag! Wie glücklich war ich. Endlich jemand, mit dem ich sprechen konnte. Endlich jemand, mit dem ich schreiben könnte. Ich war der glücklichste Mensch auf der Wellt, dachte sie! Dann am nächsten Tag hatte sie Besuch von einer Anwältin und wurde in eine andere Zelle verlegt. Außerdem durfte sie aus ihrem Koffer ein paar Dinge, ein Buch etwas zum Schreiben und ein Foto herausnehmen. Sie kam in eine kleine Zelle, aber mit offenem Fenster. Alles ganz desolat und heruntergekommen, aber sehr sauber! Später sollte sie den Putzrhythmus kennenlernen. Jeden Tag wurde zweimal gefegt und alles gewischt. Außerdem mussten sie wirklich alles gut aufgeräumt halten. Einmal im Monat, kam ein Kammerjäger, der sprühte alles mit Gift ein, so daß keine Läuse und Kakerlaken auf die Idee kommen konnten sich hier einzunisten. Kamen sie auch nicht. Sie sollte nie eine Spinne, Mücke, Flieg, oder sonst ein Tier sehen. Es gab hier nichts. Keine Grashalme und keine Tiere, kaum Luft und nur vier andere traurige Frauen. Recht anonym war alles, weil sie fast keine der Sprachen konnte, die hier gesprochen wurden. Abschiebehaft im Ausland. Super, was für eine Abgeschiedenheit. Nun, nach fast einer Woche konnte sie endlich den ersten Brief schreiben. Und ihr Tagebuch beginnen. Sie wollte noch einmal zurückblicken auf diese ersten Tage und was sie dann doch von den zwei Frauen gelernt und erfahren hat, die mit ihr waren. Zuerst einmal deren Namen, die waren sehr exotisch und sehr fremd, dann deren Erscheinungen, die eine sehr klein, aber Mutter von drei Kindern. Die andere sehr groß und sehr hässlich, auch Mutter von zwei Töchtern. Beide sahen sehr unschuldig und sehr verzweifelt aus. Und auch sehr fremd! Beide weinten viel, fluchten und manchmal standen sie einfach verzweifelt und sehr still herum. Sie versuchte herauszufinden, was geschehen sein konnte. Selber dachte sie bei sich, das es gut sei, das sie nicht vermisst wurde. Es war still, aber nun, in dieser neuen Zelle, gab es viele neue Ereignisse. Zuerst einmal eine ganz andere Geräuschkulisse vom Gang, viel mehr Schritte, viel öfters Bewegung und großes Geschrei. Bald lernte ich die Wärterinnen zu unterscheiden und das Fauchen von Charlotte kennen. Dann, in der Zelle durften wir morgens und abends jeweils ein paar Stunden das Fenstern öffnen, schrieb sie in ihr Tagebuch. Draußen konnte man auf die Hofzellen sehen, von oben. Und Valeries Fenster war keine fünf Meter entfernt, was für ein Glück. Ihr Herz jubelte und so bekam die erste Briefpost durchs Fenster!
Pläne braucht man immer.
Wieder Wochenende, Sonne und Einsamkeit. Keine Sicherheiten und keine Geborgenheit, sondern ständig das Gefühl, es wird sich etwas ändern müsse.



WINTERNACHT

Winternacht,
Schneelichter Reiter
Über den Weiten.

Weiße Windfrauen
Leuchten dem Fliegendem Heer.

Eisnebels Tücher
Verhüllen
Kapelle und Eiche.

Fuchses lauschen,
Traumworte
Plaudert die Quelle. (Achim v. H.)

Es stürmt, hagelt regnet und schneit, ein echtes Aprilwetter. Ganz still war es um mich, bereits seit vier Tagen. Ich war hier in dieser Zelle ganz allein. Es war das Wochenende nun endlich vorbei und sie hatten zum ersten Mal Hofgang. Liebe Anuschka! Grüß Dich, ich habe gestern mehrmals Deinen Namen gerufen, aber DeinZellenfenster blieb immer verschlossen. Hast Du mich gehört? Ich möchte dass Du immer weißt, dass ich jede Minute des Tages an Dich denke. All meine Gedanken sind immer bei Dir. Morgen bekommst Du das erste Mal Post über den Briefträger von mir. Gäbe es doch einen Spalt in den Wänden, immerzu würde ich mit Dir flüstern wollen. Wird das überhaupt Deine erste Post hier sein? Wie lange bist Du schon hier? Zehn Tage? Oder sind es schon mehr. Ich habe Dich, von der ersten Minute an, geliebt! Als ich Dich zum ersten Mal gesehen habe Du hast mir so gut gefallen, bist hübsch und so nett anzusehen. Du bist hier in der Knasthölle angekommen und trotzdem lachst Du und schaust fröhlich aus, das ist erstaunlich und bewundernswert. Ich habe wirklich begonnen Dich zu lieben. Viel Glück wünsche ich Dir, möchtest Du meine Brieffreundin sein? Dein Valerie Und so existiert sie, obwohl sie wirklich nicht begreifen kann, was hier passiert und wo sie sich jetzt eigentlich befindet. „Liege ich auf einer schönen Wiese unter Apfelbäumen oder bin ich dort in der Vergangenheit, oder in einem Albtraum? Aber eines ist sicher, ich existiere, ich werde geliebt und ich erlebe jeden Tag etwas dass mein Sein rechtfertigt. Schlimmes, gutes und reales. Innerhalb von vierundzwanzig Stunden sind sicher ein paar auch gute und glückliche dabei. Gerade fühle ich mich nicht gut. Aber ich weiß es, diese Regel von den guten und schlechten Stunden des Tages.“ Die stimmt fast immer. Deswegen kann der Mensch überall überleben, sogar im Konzentrationslager, weil er immer etwas findet, was ihn auch freut. Und wenn es nur ein Grashalm ist, an den er sein Herz hängt. Aber die zweite Welt, die irreale, in der ich mich befinde, die besteht aus dem was ich denke, aus meiner Vergangenheit, die mich hier scheinbar eingeholt hat und aus meinen Träumen. Ich sollte gleichzeitig mehrere Bücher schreiben. Habe ich ja schon immer gemacht. Die Phantasien und Erzählungen des Tages, welche aus der Begegnung mit den Tragödien der Mithäftlinge besteht, belastet mich ungemein. Fertig möchte ich damit sein und es abschließen. Mich reinigen und einen Schlussstrich ziehen können. Aber das geht nicht. Alles kommt immer wieder zurück. Am Häufigsten in meinen Träumen. Ein Traumbuch mit Reflexionen und eben ein Tagebuch. Eines, welche die Ereignisse hier ganz atmosphärisch beschreibt. Eines, welches meinen Sinneseindrücke reflektiert, wie z.B. meine Erinnerungen an Goethe; „Über allen Gipfeln ist Ruh!“ Ruhig ist es hier, fast den ganzen Tag lang. So viel Ruhe hatte ich noch nie. Gestern habe ich die gesamten Goethezitate entdeckt, die hätte ich wirklich große Lust auswendig zu lernen. Erinnere mich an meine Versuche als Schauspielerin. Mir käme es fast vor wie eine gute Therapie oder eine Kur, bzw. ein Sanatorium, wenn nicht diese irre Armut, der Befehlston und die Strenge wären Dann könnte ich meine Beobachtungen aufschreiben und die Gegenstände, weiterhin die anderen Mithäftlinge beschreiben, sowie, wie man mit uns umgeht. Das sollte ich ganz neutral beschreiben. Es ist ungeheuerlich und sehr schwer zu ertragen. Die Physiognomie aller Dinge, bzw. das Wesen aller Objekte in einer Haftanstalt, ist interessant. Wie der Hof aussieht, in dem die Gefangenen spazieren gehen dürfen, wie die Zellen, die Gänge. Und auch die Duschen. Der Bewegungsraum ist klein, viel Neues gibt es nicht. Die Tage vergehen, wie in Thomas Manns Zauberberg die Jahre vergehen. Die Zeit bekommt einen gleichmäßigen Gang. Förmlich einen Fluss wie der Flusslauf eben eines solchen. Er plätschert dahin, so, wie die Ereignisse gemächlich dahin plätschern in einem sanften Moll. Spannend ist eventuell noch der öffentliche Trakt, in den man nur darf, wenn man zum Beispiel eine Aussprache mit dem Pfarrer hat. Das war es. Sonst gibt es noch den Tag, den bedeutenden Gerichtstag. Und dieser wird tagelang erwartet, wochenlang herbei gesehnt und dann besteht er nur aus warten. Und ausharren. Die Mahlzeiten fallen aus. Die Zeit wird abgesessen in kleine Räumen und Fenstern, den Schleusen. Stundenlang sitzt man dort drinnen und wartet. Man wartet, das sich die Tür öffnet. Größer ist ja der Radius gar nicht mehr, denn alles spielt sich im Kopf auf. Die Überlegungen, wie man fliehen könnte und entkommen. Aber das gibt es nicht mehr das entkommen vor der Realität. Das ist aufgehoben, die Möglichkeit etwas selber zu bestimmen. Das wird jetzt vielleicht die Realität für zehn Jahre. Wirklich, zehn Jahre Haft steht auf das, wofür sie angeklagt ist. Gott sei Dank steht sie nicht unter Mordverdacht, sondern nur Untreue als Geschäftsführerin. Das ist ja wenigstens ein Kavaliersdelikt. Nun gut, wenn man schreiben darf, kann man diese Klausur ja vielleicht aushalten. Sie denkt an Ulrike Meinhof und andere Berühmtheiten, die durch die Bücher, welche sie in Haft geschrieben haben, bekannt wurden. Den das ist ihr das Wichtigste Bekannt zu werden. Eine Legende und eine Besonderheit zu sein. Das ist der Sinn des Lebens. Etwas besonderes gemacht zu haben und wenn es nur ein besonders ungewöhnliches Leben sein wird. Die Blüten sind das Schönste. Die Apfelblüten. Abendbrot im Abendrot.
Abendbrot! Endlich. Abendrot, die Sonne geht jetzt langsam wieder später unter. Das Glück, das doch wiederkehrt, was der Autor auch auf seine Wiederbelebung des Märchens bezieht. Sie liebt die Vermischung von realem und irrealem, von Wirklichkeit, erträumten und ausgedachtem. „Mir ist es unheimlich. Ich träume oft von Verstecken. Heute hatte ich wieder zu eine doppelte und fast märchenhafte Ebene im Traum.“ Es war ein komplizierte biegsame Leiter auf der man die Strecke nur erfolgreich hinunter kam, wenn man vorher nachdachte. Ohne Denken geht es nicht. Nur wenn man vorher an deren richtigen Stelle einen anderen Knick angebracht hat, nur dann schaffte man es. Ansonsten drohte man in der Mitte hängen zu bleiben. Sozusagen in der Luft zu schweben und weder rückwärts noch vorwärts zu können. Am Ende waren wir in einem Baumhaus welches in ein Haus eingebaut war, so daß man aber von außen nicht realisieren konnte, das es dort noch eine Innenwelt gab. Durch eine kleine Luke oben kam Luft hinein. Aus irgendeinem Grund wurden wir aber entdeckt und mussten daher ganz still sein. Durch ein Schleudersystem wurden wir zusammengequetscht. Ein Mann und ich, der auch noch einen Sohn hatte, der alles mit bekam und entsetzlich Schrie! Also, was das alles zu bedeuten hat.
Ich denke an all die Literatur, die ich so gelesen habe in meinem Leben und werde ganz nachdenklich, aus einer Haltung kritischer Ironie.“ In den Dialogen und Streitgesprächen der Romanfiguren findet sich eine scharfsichtige Zeitdiagnostik, sagt man über Thomas Mann. Das schwebt mir auch vor. Zeitzeugin zu sein und ein Mahnmal. Jemand der erlebt, reflektiert und mitteilt, damit Veränderung möglich ist. Viel Unausgesprochnes zehrte an ihr und erst recht an mir. Viele Erlebnis belasteten sie und ich denke an all die Trennungen, an all die gepackten Koffer und dieses große Bedürfnis von mir nach einem Haus und einem Ort an dem all meine Sachen sind. Alles will ich aufbewahren. Jedes Stückchen Papier. Jede Erinnerung. Jedes Kleidungsstück. Nichts mehr darf verloren gehen. Ich hänge an allem und habe dabei das Gefühl wirklich verrückt zu werden. Mein Kopf platzt. „Und darum hatte sie auch gar nicht an ihrer Vergangenheit zu tragen“, das wird es bei mir nicht geben. Das soll mir nicht passieren. Dann sind nicht nur meine Gedanken wichtig, sondern auch die Ereignisse in Zusammenhängen. Die Geschichte beruht ja auf einem tatsächlichen Ereignis. Die Namen der Beteiligten sind besser zu ändern, oder nicht!? Soll ich sie auf die erste Letter mit Punkt reduziert. Weitere Namen werde ich zur Poesie der Geschichte verändern, wenn die dadurch Betroffenen einverstanden sind lasse ich einige auch real, damit es ihnen dient, als direktem Dank für die Ereignisse. In meinem Kopf kreisen so viele Gedanken. So viele Sorgen. Wie kann ich es verhindern, das sich jemand wiedererkennt. Jemand aus meinem Bekanntenkreis plötzlich meint, ich würde etwas persönliches berichten. Heute bin ich sehr betroffen, ob es gut ist diese Geschichte zu publizieren, oder ob sie nicht besser noch zwanzig Jahre liegen bleiben sollte, bzw. einfach nur für meine Nachkommen da ist. Die Geste, des Dankes ist mir wichtig. Nach Thomas Mann schließen sich Lebenstüchtigkeit und seelisch-geistige Differenzierung aus. Diese Annahme folgt einer literarischen Strömung des ausgehenden 19. Jahrhunderts, für die Nietzsche den Begriff Décadence in den deutschen Sprachgebrauch eingeführt hat. Wie sehr sich die Lehre vom pathologisch degenerativen Ursprung der Genialität damals verbreitete und bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs zum Modethema wurde, beweist u. a. die Bibliographie, die der Psychiater Wilhelm Lange-Eichbaum 1927 in seinem Bestseller Genie und Wahnsinn veröffentlichte. Denn über fünfzig Freunde und Bekannte haben mich in dieser Zeit mit dem Nötigsten und vor allem mit Literatur und Post versorgt. Aber auch ganz simple Dinge, wie Seife, Shampoo und Neskaffee waren wichtig, um diese Zeit zu überstehen. Der Mangel an Bewegung war schlimm zu ertragen. Und dann gilt mein Dank natürlich auch: Frances Decang, Ilse Sommer, Suzanna Züp, Marietta Brown, Beatrice Bankmann, Elena Licht, Jacquline Hagebuch, Rose-Marie Zeppelin, Gisele Anders, Charlotte Fink, Kathrin Gruen, Lilli Blau, Winnie Buchbaum, Angela Carlos, Anuschka Gordon, Valentina Philipp, Zoe Hochegger, Lisbeth Muni, Paulina Kraus, Sophia Mühlbach, meine Leidensgenossinnen, die mir Ihre Geschichten erzählt haben und mit denen ich so viele Stunden und Tage zusammen gelebt habe. Die Namen möchte ich zu Romanfiguren entwickeln. Das ist mein Plan. Die Briefe, die ich später an sie geschrieben habe füge ich später in die Texte ein. Am Meisten bewegen mich aber die Antworten und die Geschichten, was aus all meinen Leidensgenossinnen geworden ist. Ich bin erschüttert, wie schwer das Leben für viele Frauen immer noch ist und wie wenig die Emanzipation gerade für die Frauen aus dem Ostblockländern schon Realität ist. Wir kämpfen immer noch gegen Armut, gegen die Macht der Männer für unsere Kinder, für die Liebe.

SPIELMANN RACHE

Vergeßene Perlen
Leihe ich
Meinem Kleid“,

Meintes Du noch-
Und entschloßene
Hornissen
Streichelnd dein
kicherndes Klavichord,

Zum Gardinengesang
Aus papierner Blüte
Großmütterlichen
Mandolinengetändels:

Vom Todesbalken
Tropft es-

Tapetengetriller... ( Achim v. H.)

Liebste Anuschka, meine geliebte Brieffreundin, danke für Deine Antwort, ich habe mich sehr gefreut auch von Dir Post zu bekommen. Ich weiß, ich bin der einzige der hier deutsch spricht und daher hast Du keine Wahl, aber mir ist das recht! Ich liebe Dich! Schön, dass Du meine Freundin bist, ich werde Dir jeden Tag schreiben! Du wirst sehen, dadurch vergeht die Zeit schneller, Dein Valerie! Valerie und Alesch, sowie Milan und Matthias, die Brieffreunde
Ein besonderer Jahreswechsel, eine besondere Fastenzeit! Weitere Darsteller: Anuschka Brown, ich! Tanja Kirchberg, Mutter von zwei Kindern. Miriam Ludomirkovic, ebenfalls Mami, eine Tochter, aus MoldaZürich. Palovina Zettel, eine blondhaarige Zigeunerin, deutschsprachig. Petra und Bianca Kumasic, aus Bulgarien, beide sehr schweigsam Paula Nusic, aus Polen, ganz lustig und recht jung. Nathalie Kempinski, 15 Jahre, eine Mörderin? Sowie: Frances Decang, soll eine Kreditkartenbetrügerin sein, Ilse Sommer, hat gestohlen, Suzanna Züp, behauptet Urkunden gefälscht zu haben, Marietta Brown, ist der Geldwäsche angeklagt, Beatrice Bankman, hat sich mit einem Gauner eingelassen, Elena Licht, hat Blüten gedruckt und ist sehr stolz darauf, Jacquline Hagebuch, fälschte Ihre Lohnzettel und betrog Ihren Arbeitgeber, Rose-Marie Zeppelin, ist wegen Mordversuch angeklagt worden, ist aber unschuldig, Gisele Anders, hat einen falschen Pass benutzt, und ist wegen Grenzkontrollverstoß und illegalem Grenzübergang angeklagt, Charlotte Fink, hat ständig die Unterschrift Ihres Mannes gefälscht, und dadurch viel Chaos angerichtet, Kathrin Gruen, hat sich falsche Pässe machen lassen, Lilli Blau, hat versucht ein Auto zu stehlen, Winne Buchbaum, hat ebenfalls Dokumente gefälscht, Angela Carlos, hat sich prostituiert, Anuschka Gordon, war in einer Spielhalle verdächtigt worden wegen Falschspielerein, Valentina Philipp, ist Hehlerin, Zoe Hochegger, eine Diebin, angeblich aber eher unschuldig, Lisbeth Muni, ist wegen einem fehlendem Visum da, Paulina Kraus, hat auch einen falschen Pass, Sophia Mühlbach, ist wegen einer Schlägerei verhaftet worden. Soweit ein Überblick über alle weiteren Mithäftlinge. Sie ist in einer Fünfer Zelle gelandet. Es ist sehr eng und meisten sogar zu wenig Luft zum Atmen. „Es sind vier sehr gute Frauen, mit denen ich jetzt zusammen bin.“ Eine ganz junge, ein 15 jähriges Mädchen, welches beschuldigt wird seine Großmutter umgebracht zu haben. Zwei ganz kriminelle Bordellchefinnen. Eine ältere Lehrerin. Eine Historikerin. Verschiedene Neuzugänge und Abgänge. Eine sehr strenge Wärterin Charlotte und eine sehr gute, die anderen ohne Namen. Ein Pfarrer. Eine Richterin, eine Staatsanwältin, ein Dolmetscher. Verschiedene Transportwärter, Aufpasser und Wächter. Weiterhin verschiedene Polizisten. Wenn wir uns in einem Film befinden würden. Dann säßen wir jetzt im Zug, hätten gerade die Hauptstadt verlassen. Die letzten Stadtbilder zögen an uns vorbei. Das Abteil, recht voll, keine freien Plätze mehr. Sechs Personen. Auf dem Gang auch viele Menschen. Ein Gedränge, Polizeikontrolle. Suchen Sie jemanden? „Bitte Ihre Pässe!“ Unter anderen wird auch Deutsche wird kontrolliert, alle Pässe werden mit Blaulicht eingescannt. Wen suchen Sie? Eine ungewöhnlich scharfe Personenkontrolle. „Bitte, Sie müssen mitkommen, Ihr Pass ist nicht in Ordnung!“ Sie erinnert sich, als wenn es gestern gewesen wäre.

"Spürst Du, kaum ein Hauch!" Draußen ist es Windstill. Gefängnismauern halten dicht. Hagel, draußen stürmt es wenig später. Dann ein schöner Regenbogen, Sonne und endlich kein Wind mehr. Wie die Ruhe nach dem Sturm, war das. Bringen Sie mich erst einmal auf den Stand, was war damals eigentlich los? Warum wurden Sie verhaftet und wie ist es dazu gekommen. Fragen die aufkommen.„In Kürze, wegen einem Mann, den ich stehen gelassen habe. Weil ich nicht mehr wollte, wie er wollte? Oder, weil ich zu mutig war?“ Sie versucht einen Rückblick, aber vieles hat sie schon vergessen. „Zuerst verbrachte ich einige Wochen auf dem Rücken der Pferde, dann ein Sturz der alles verändert hat.“ Ich konnte nicht mehr gerade gehen, alles hat sich gedreht, ein Gehirnschädeltrauma. Ein Trauma, begann damit ein großes Trauma? Am 12. Mai 2007 hatte das Stück im Düsseldorfer Schauspielhaus Premiere.

Also, wir befinden uns jetzt auf einem Holzstuhl in einem größeren Raum, auf der Wache. Drei Personen sind da, außer der gerade verhafteten Frau. Eine Story, eines Versuches das Leben zu bewältigen? Dem Leben etwas abgewinnen, aus ihm etwas Besonderes zu machen? sie hat Angst. Und sie hat Angst vor der Macht des Bösen. Mit welcher Geschichte hat es angefangen? Welches Kapitel soll ich aufschlagen. Bücher, Bücher verfolgen. Sie bleibt bei sich selbst und hat Angst. Sie beginnt Listen anzulegen, was sie gerne alles lesen würde. z.B. Von Thomas Mann und Mitgliedern der Familie Mann über die Familie Mann. „Meine Angst, vor dem „alleine Leben“, habe ich aus dem Weg geräumt, in dem ich mich dazu entschlossen habe, Nathalie und ihre Familie, mit ihrem zwei Kindern aufzunehmen und mit ihnen zu leben. Für sie irgendwie auch zu sorgen. Habe sie so sehr ins Herz geschlossen.“ So ein Aberglaube. Phantasien einer Großgrundbesitzerin. „Hoffentlich ist ihr Mann nett. Aber sie ist so clever, so arbeitswütig, so sauber, dass ich mich schon sehr darauf freue.“ Bin gespannt, was sie mir auf meinen Brief antwortet. Unsere Paketfeste hier waren immer so super. Meine ganz persönliche Geschichte lasse ich hier im Moment noch aus, weil sie gut durchdacht gehört! Es gibt auch so viele Gründe sie für sich zu behalten. Nur die Phantasie der meisten Menschen geht mit ihnen durch, wenn sie nicht die wahre Geschichte kennen. Ich habe Angst, alles was ich schreibe, kann auch beschlagnahmt werden und gegen mich verwendet werden. Daher schreibe ich besser nichts über die Vergangenheit, denke ich. Ich mache besser keinen Bericht, über all die unglücklichen Ereignisse und Geschehnisse, warum ich nun hier in dieser Lage bin, warum ich zur Haft ausgeschrieben wurde. Besser berichte ich es nur meinem Anwalt. Aber ich versäume nichts. Aber ich sorge mich, dass auch alles in die richtigen Hände kommt und nichts kopiert wird und dann direkt an die Richterin geschickt wird, welche mein Urteil sprechen wird.

Ich fürchte mich ...

Wieder kommen mir die Gedichte von Achim in den Sinn, ein ewiger Trost:

FORT! Fort!

Verlassene Bank!
Als ich mich niedersetze
und kalten Marmelsteines
Wange netzte
Mit sauren Irrens
Freudenjammerqual,

Heizte mich nach
Dein heißes Zweythgesichte,
So wonnenreich getheylth
Und sündensonnenweiß!

O der Entflogene,
Rein von Mannesschweiß!
Wüßt´ich in
Eitlem Grabestraum
doch um das Ganze!

Fort! Fort!
Ach, Amors Seydenbettenwurm!
O paraidesesschlangenzarte
Gott-sey-bey-uns-Wanze!


Gryphius?
Oder doch nicht? ( Achim v. H.)

Nun will sie sich endlich einmal mit den bedeutendsten Schriftstellern befassen, mit Hermann Hesse, Carl Spitteler, Elias Canetti und Elfriede Jelinek. Anna Martha Wainerwrught machte Ihren Vater zum Thema eines Songs, sie sagt im Rückblick über Ihre Eltern: "wir waren schließlich nicht die Familie Von Trapp! Aber die Probleme, die ich mit meiner Mutter und meinem Dad habe, sind wahrscheinlich bei Weitem nicht so groß wie die meiner Freunde und deren Eltern - weil wir keine Geheimnisse voreinander haben." Ich hatte immer Geheimnisse. Ich kann mir sowieso gar nicht vorstellen keine Geheimnisse, und kein eigenes Leben zu haben. Ich finde Privatheit wichtig! Aber in der Liebe sollte man sich natürlich vertrauen. "This is not amerika!" David Bowie liebe ich sehr. Die Radioberieselung aus dem Hof tut mir gut. Hier aber hier zählen die Frauenbegegnungen. Diese Situation, jetzt, hier im Gefängnis, sie ist ja sowieso schlechter als in einem richtigem Spielfilm. Alles ist zu ungeheuerlich und so unglaublich schlecht. Aber ich bin schnell prominent geworden, als einzige Deutsche und „schön“ finden mich alle. Das ist Öl für meine Haut. Fühle mich, zurückversetzt, mindestens um fünfzig Jahre Weltgeschehen, wenn nicht sogar um hundert. Wie werden sie sich verhalten, was wird mein Stiefvater dazu sagen? Wie meine Ex-Freunde und Geliebten reagieren? Macht es mich spannend? Werden sie neugierig, was sich alles hinter mir versteckt? Aber ich bin gut. Mit Kriminellen möchte ich gar nichts zu tun haben. Ich hasse es, wenn man mich mit ihnen in einen Topf wirft. Ich mag auch kein schlechtes Gerede über mich. Ich finde das wirklich fürchterlich. Was mich interessiert sind eben all die unschuldigen Gefangenen, all denen welchen das Leben so schlecht mitgespielt hat. Und natürlich die politischen Häftlinge und die Rebellen. Hier ist alles so, als wäre man wirklich in eine Zeitmaschine gesteckt worden, retour. Alle werden jetzt irgendwie getestet werden. Die Wahrheit über Freundschaft und Zuneigung kommt jetzt ans Licht. So, wie sich meine Freundin, die Gitti bereits als echte Freundin erweist! So tolle Post! Am Meisten schreibt mir im Moment aber Sonja. Auch von Alexandra und Ulla bekomme ich sehr liebe Briefe. Die Normann´s halten ebenfalls richtig zu mir. "Das Mädchen aus dem Song", ich lese es bereits seit zwei Tagen diese Buch haben es mir angetan. Ich werde ganz sentimental. Die Rolling Stones, die Beatles, Bob Dylan und Suze Rotolo; Paul McCartney und Elton John, The Velvet Underground und Pink Floyd, die Musik meiner Jugend. Lieder und Songs die mein Herz bewegen. Die Suche nach der großen und einzigen Liebe. Weine nicht. Bitte ich will das nicht. Was macht Deine Stimmung? Bitte, ich möchte nicht, dass Du traurig bist. Hast Du schon genug vom Gefängnis, stimmt´s!? Bald ist es vorbei, Du wirst sehen. Irgendwann haben auch die ganz schlimmen Erlebnisse ein Ende. Später musste ich feststellen. Das dies nicht stimmt. Es ist wie ein Geruch, den man nie mehr los wird. Es haftet und geht nicht weg. Wenn man lustig ist vergeht die Zeit schneller. Gleich werden wir spazieren gehen. Ich werde aber hier bleiben, um Dir zu schreiben und Luftküsse schicken zu können. Ich liebe Dich, Du wirst sehen, unsere Zukunft wird sehr schön. Schreibt mein Brieffreund. Werden wir uns einmal wiedersehen? Marianne Faithfull schreibt dazu auf Seit 21 ihres poetischen Buchs, " Wenn man ein gutes Gefühl hatte, machte es man einfach; es wäre die reinste Heuchelei gewesen, nicht mit jemandem zu schlafen, nur weil er oder sie mit jemand anderem zusammen war." Das kenne ich, dieses Gefühl von Unverbindlichkeit in der Liebe. Sex ist eine Laune des Augenblickes und es verpflichtet weder, noch bringt es andere Verhältnisse durcheinander. Es ist schön, aber nicht so wichtig. Man macht es einfach aus einer Stimmung und einer Laune heraus. Aber ich verbiete mir diese Auswüchse der Erotik. Ich habe natürlich Rapunzel dabei im Kopf und Dornröschen. Die Prinzessin, die warten kann auf den einen, den einzigen und den richtigen, diese Prinzessin möchte ich natürlich gerne sein. Man macht nicht, was man Lust hat und ist nicht irre aufgedreht und hypersexy auf die Jungs erst recht nicht, wenn man angeklagt wird. Ein, zwei Wärter schauen auch noch zu und sind auch noch elektrisiert, so etwas Verbotenes und Verrücktes zu tun, soweit käme es noch. Aber es ist süß und sehr sexy, solche Spielereien im Kopf zu haben, weil wir alle so irre ausgehungert sind nach Liebe und so sehr bestraft, weil eingesperrt. Diese Phantasie ist mir eine der liebsten geworden. Dieser Brief von Valerie hat mich im Hof erreicht, heute früh! Suzanne hat immer Sex mit einem Wärter in der Schleuse. Ich aber habe Sehnsucht nach den Küssen von Zsolt aus Budapest, obwohl ich davon träume Felix zu heiraten und nun diese Liebesbriefe hier, mit immer mehr Herzklopfen, fast täglich erhalte. Haben wir uns zwar nur einmal geliebt, so ist er doch tief in meinem Herzen gelandet. Wie sicher er war, dass ich ihn mit offenen Armen empfangen werde. Er hat meine erotische Zuneigung zu ihm sofort gespürt. Was ist los bei ihm? Wen liebt er? Was macht sein Herz und wie sind sein Gefühle? Will er mit mir einen Film machen? Denkt er an mich? Geht er viel spazieren? Liebt er mich ein wenig? „You told me again ...you prefered. Some men! But for me you would make an exception.“ Heute ganz liebe und sehr lange Briefe aus Arad erhalten! Sehne mich so sehr nach Literatur. Klassische und alte habe ich am liebsten. Die griechischen Tragödien, die machen mich stark. Ob draußen noch ein Paket auf mich wartet. Habe die Sorge, ob es meinem Vater gelingt eine Verteidigung für mich aufzubauen? Nun schwimme ich wirklich in einem großen Chaos an Emotionen. Wenn ich zurückdenke, dann ist alles wirr. Habe meinem Anwalt alles bis ins Detail genau erklärt und geschrieben. Diese Briefe sind wirklich eine große Beichte. Ob ich das jemals jemanden lesen lassen werde? Ob er sie aus der Hand gibt?Am Meisten freue ich mich über Gitti und das sie sich als so tolle Freundin entwickelt. So ein nett zusammengestelltes Paket. Mit ganz viel Neskaffee kam hier an und so viele richtige ganzen Tafeln Schokolade, die den Aufenthalt in den letzten Wochen so versüßt hat. Ich, lerne zu horten und zu sparen, obwohl ich auch gerne mit vollen Händen austeile und verschenke! Regenwetter. Udo Lindenberg und Nina Hagen singen; "Romeo und Julia". Bin aber auch sehr neugierig, wie sich nächste Woche alles entwickeln wird. Ob ich am kommenden Wochenende noch hier sein werde? Lieber wäre es mir natürlich, dann schon "frei" zu sein und in Zürich. Gleich frei gelassen zu werden, auf Kaution, direkt nach der Abschiebung, davon träume ich. Aber eventuell lerne ich auch noch die anderen Gefängnismauern von innen zu betrachten. Dort soll alles viel toller, besser und fortschrittlicher sein. (Später musste sie feststellen, dass aber der viel Beton und die modernere Ausstattung viel weniger Raum zum Atmen lassen. Nur das man natürlich eine viel besser Disziplin gelernt hat und sich dadurch dann auch besser fügen und benehmen konnte war sofort zu spüren. So z.B. der Umgang mit Wärtern. Wie man sich zu bewegen hat, wo man stehen und gehen durfte. Das hatte sie tief im Blut und dadurch hatte sie gleich das Wohlwollen der Wärterinnen auf ihrer Seite.) Die Wirklichkeit einer niederen Dimension, wird durch eine Höhere nicht aufgehoben, sondern nur relativiert. Schau nicht traurig, mein Herz ist bei Dir. Einmal möchte ich Dir meine Heimat zeigen. Einmal möchte ich, dass Du bitte mit mir kommst. Du hast einen schönen Gang und so eine tolle Haltung, bitte lächle. Heute ist das Wetter schön. Ich wünsche Dir einen schönen Tag, bis morgen, Küsse, Dein Valerie. Drüben, sind zehn Personen in einer Zelle wird berichtet. Kino soll es auch geben. Das hat nicht gestimmt, stattdessen Luxuszellen mit Fernsehen, wenn man es sich leisten konnte. Soll ich schweigend beginnen, wenn ich vor dem Richter stehe? Oder so: „Ich bin Katholikin, ich bete um ein gutes Urteil. Ich bitte das Gericht, mir eine Chance zur Wiedergutmachung meiner Schuld zu geben. Dazu brauche ich meine Freiheit und die Möglichkeit wieder arbeiten zu können. Bitte geben sie mir keine Gefängnisstrafe!“ Unglaublich, was ich alles für Phantasien entwickeln kann, wieder arbeiten zu können und wie viel Geld, wirklich viel Geld, ich verdienen könnte, das male ich mir aus. Keine Wurstfabrik, aber eine Kleider- und Modeindustrie schwebt mir vor. Die Träume sollen wahr werden. So viele Fragen. Wenn man in einen Hungerstreik tritt, wie lange braucht man zum Sterben? Ich denke wieder am meine Freundin Gitti in Arad und Ihre Arbeit beim Rundfunk. Wie sie sich durchbeißt um ihre zwei Mädchen großzuziehen und ihnen alles bieten zu können, was man so braucht. Die morgige Wirklichkeit holt sie ein: „Anwältin, Staatsanwalt, Richter, ein Dolmetscher und eine Tipse. Ein Stuhl, in der Mitte! Werde ich alles richtig machen? Soll ich mich ausliefern lassen? Was habe ich für eine Wahl und was für Möglichkeiten? Streik? Hungerstreik? Danach, leere und Angst. Unsicherheit und Panik. Mein Puls geht schneller!“ Ich fühle mich so vieler Dinge beschuldigt. Schuldig, nicht auf mich aufgepasst zu haben. Keine Vorsichtmaßnahmen und Regelungen getroffen zu haben. Nicht gekämpft zu haben. Keine klare Position bezogen zu haben. Nicht kleine Schritte unternommen zu haben, um mich zu retten. Was wird alles auf mich zukommen? Was ist mit meiner Liebe und einem Leben in Prag, oder eine Ehe mit wem? Will er vielleicht doch mehr? Wie er mir gefallen hat! Was ich für ein Bauchkribbeln spüre, wenn ich an ihn denke. Wann bekomme ich wieder Post von ihm? Jeden Tag habe ich jetzt Post von Dir und Du bekommst immer auch zwei-drei Brieflein, stimmst. Gut funktioniert unsere heimliche Luftpost! Tausend Luftküsse, Dein Valerie. Wer wird mir nächste Woche überhaupt alles schreiben? Post! Das Warten auf Post ist eines der wichtigsten Momente hier, im Zellenleben." Post, das freut mich ganz besonders! Post von all meinen Freunden. Die sind alle treu und halten zu mir! Das ist toll! Hätte nie gedacht so gute Freunde zu haben. Danke Gitti, Du bist wirklich eine tolle Freundin, danke, danke, danke. Wenn ich aus diesem Teil meiner Geschichte einen Film machen müsste, dann wäre das ein Songtitel. Danke, danke für die Schokolade in den Knast. Danke Anuschka, für die Schokolade, Du bist lieb, Du teilst sogar Deine Geschenke. Ich hatte keine Schokolade für sechs Monate. Das ist wie ein Fest, Du bist sehr lieb. Dein Valerie .„The clouds will be a daisy chain, so let me see you smile again...“ Sehr mag ich zwar Songs wie, Danke, danke für die Blumen von der Tanke von der Barbara Schöneberger, aber auch das; „Ich will keine Schokolade, ich will einen Mann, ...“ von diesen Blue Velvet Jungs, deren Konzerte ich so sehr mag. Danke, danke Gitti, für die Schokolade, den Kaffee und das Shampoo in den Knast. Danke, Deine Pakete waren immer die wundervollsten. Immer eine neue Lektüre und immer Schokolade und Kaffee. Danke, Danke für das Horten lernen und die Menge an Schokolade, die mir viele Wochen versüßt haben, die ich teilen konnte und mir wie Gold vorkamen, danke Gitti, ich werde mich immer daran erinnern. Nun habe ich aber Angst, Angst vor der Abschiebung und das Wissen, das ich dann wieder ohne Hab und Gut dastehen werde. Man wird mir wieder alles wegnehmen. Die ersten Tage ohne Pakete im neuen Gefängnis, ohne Post, die werden wieder die kältesten sein. Ohne Schokolade und Lektüre im Gefängnis, aber danke Gitti, "Danke, danke für die Schokoladen in den Knast". Nun betrachten wir einmal die Realitäten. Jetzt könnte ich eine Mediation gebrauchen. Lieber Gott, hilf mir bitte, ich drehe durch ohne Deinen Segen. Keine Messe, kein Pfarrer. Jetzt habe ich schon wochenlang darum gebeten. Wann ich endlich einen Priester zu sehen bekomme. Ich will beichten. Ich brauche eine Erlösung. Fühle mich für so irre viele Dinge belastet und so gemein angeklagt. Bitte lieber Gott, mach dass ich bald beim Priester einen Beichttermin bekomme. Anuschka: „Morgen ist mein Prozess hier, hoffe dann bald nach Zürich transportiert zu werden. Werde meine Bücher der Bibliothek hier stiften, oder mitnehmen, ich weiß es noch nicht. Es gibt keine deutschen Bücher. Das werden die ersten sein. Also lasse ich einige da und andere nicht!“ Im Angesicht des Feindes, der Vorleser: „Mein Herz so weiß.“ Kein deutschsprachiger Mensch soll hier je wieder eine solche langweilige und schwierige Anfangszeit haben, wie ich! Hoffe sie lassen die Bücher auch im Bestand und geben sie nicht weg. „Man spürt immer noch diese Feindlichkeit gegen alles Deutsche.“ Endlich holt mich ein Pfarrer ab. Es ist der einzige Mann, mit dem man einmal ungestört und unbeobachtet länger in einem Raum ist. Ich bin nervös, habe Sorge und Angst genötigt, oder sogar vergewaltigt zu werden. Irgendwie scheinen mir diese Geschichten aber auch so ungeheuerlich, eben einfach konstruiert, damit man nicht mitgeht mit ihm. Spüre meine große Neigung immer das zu tun und zu denken, was nicht der Mehrheit entspricht. Er wird angeprangert, wie der Teufel. Keiner ist hier ein praktizierender Christ. Sitzt noch der Sozialismus hier in den Mauern. Geschichtswissen und genaue Informationen über die Vergangenheit ist hier auch für das Durchkommen entscheidend. Nun, ist so viel Zeit vergangen, nun will ich auch mit ihm sprechen. Er nimmt mich bei der Hand, wir gehen ewig lange Gänge entlang. Dann werden Türen aufgeschlossen und plötzlich sind wir in einem Trakt, der sich total vom den für Häftlinge unterscheidet. Wir sind in einem Zimmer alleine. Fast eine Stunde. Ich sprudle alles aus mir heraus, was mir wichtig ist und was ich im Kopf habe. Später habe ich nie mehr von ihm gehört! Ein Mädchen aus unserer Zelle, erzählt uns gerade, wie schlimm Ihre Mutter ist und war. Sie heult sich richtig aus. Wir halten es kaum aus und haben alle eigentlich gar keine Lust Ihre Seelentröster zu sein. Uns ist sie sehr anstrengend. Andererseits ist sie auch etwas sympathisch, wie sie so beginnt darüber nachzudenken, warum sie hier gelandet ist. Aber das ihre Mutter schuld sein soll. Das mögen wir nicht. Wie lange wirst Du noch hier sein, hast Du eine Idee, weißt Du schon etwas? Ich wollte noch erzählen, wie meine Beichte zu Ende ging. Große Hoffnungen habe ich in ihn gesetzt und darin, dass er mir hilft Unterstützung zu bekommen und von all den wichtigen Menschen die ich kenne. Ganz persönliche Sachen und Traumata, habe ich berichtet. Aber auch das so schlecht über ihn gesprochen wird. Er hat mich nicht angerührt, aber mir auch nicht geholfen. Er hat gar nichts für mich getan. Hätte ich mich anbieten müssen? Nun, jedenfalls war es ein Highlight meiner Tage und eine enorme Abwechslung und Aufregung! Meine Freundin Sabrina trifft mich mitten ins Herz. Sie schreibt mir von einem Telefonat mit meiner Mutter. Diese ist sehr traurig und sehr deprimiert. Sabrina meint, sie wäre kaum zu trösten. Es tut mir leid, wie schön wäre es, wenn sie zu Besuch käme, dann könnte ich sie sicher trösten. Mir geht es hier nämlich jetzt ganz gut. Fühle mich stabil und erwachsen. Habe nicht einmal so große Angst vor einer langen Gefängnisstrafe. Die soziale Sicherheit und das Versorgt sein, sind nicht schlecht. Das gibt mir ein Gefühl von Geborgenheit verwandelt sich in eine kindliche Sicherheit. Draußen habe ich das nicht. Der Kampf um das tägliche Überleben ist zu groß. Ich schwimme da draußen nicht nur in einem Haifischbecken, wie man so sagt, sondern fühle mich oft sehr verlassen und einsam. Das Leben außerhalb der Zelle ist einfach viel härter. Mein Tempo, welches ich immer zulege ist aber wohl mein Hauptproblem. Bin fast ein „Nerd“ im Internet geworden. Du machst mir wirklich Angst und Sorge. Wie komme ich jetzt darauf? Lese den Roman von Henning Mankell „Die weiße Löwin“. Was ist, wenn man verschwindet. Ich komme mir auch so verschwunden vor. Träumte heute Nacht davon zu heiraten. Aber vorher habe ich selbst aus mir eine Ritterin gemacht und mich zum Adel geschlagen. Ganz simpel mit einem Plastikschwert. Ein komischer Traum. Vom meinem Ex-Freund, dem Gartenarchitekten geträumt. Habe im Traum unsere Wohnung wieder betreten dürfen. Es war schön. Ich habe das Zusammenleben in Prag mit ihm wirklich geliebt. Dann, als ich aufgewacht bin, war es noch da, dieses Gefühl einen lieben Menschen geliebt zu haben. Mir ist ganz warm ums Herz. Was heute auf mich zukommt. Frühlingswetter. Ständig wechselnde Stimmungen. Von wem ich heute Post bekommen werde? Bin fertig mit dem Strindberg. Brauche dringend wieder Literatur. Theaterleben ist doch sehr anstrengend. Immer diese neuen Engagements und dann wieder neue Städte, neue Mitspieler und Kollegen. Das Theater fordert viel. Bin ich froh, dass ich keine Schauspielerin geworden bin. Obwohl Rollenwechsel und so verschieden Leben zu erleben auch mein Thema ist. Schreibe Briefe, in Massen. Versuche alle Freunde zu aktivieren und alle Kräfte zu mobilisieren. Hole mir von überall Hilfe. Erzähle jedem mein Leid. Habe Gott sei Dank ein sehr volles Adressbuch. „Protection“. Der Name der Rose von Umberto Eco, über ein verschollenes Lachen. Der Teufel ist die Anmaßung des Geistes. Ich tauche ein, in die Welt der Benedektiner Mönche. Und fühle mich recht glücklich. Wieder gutes Wetter. Viel Wind. Nathalie erzählt uns ihre Geschichte. Ich werde traurig. Die Tage ziehen jetzt rasend schnell vorbei. Alles dreht sich immer schneller. Ich schreibe und schreibe und habe Gott sei Dank auch genug Briefmarken. Manchmal muss ich haushalten und mir überlegen, an wen ich die aktuellen Briefe zuerst abschicke. Aber dann werden sie nur dicker und länger, wenn sie länger bei mir liegen. Meine Briefe. Bin ängstlich, unruhig und nervös! Hier fehlen mehrere Seiten, die sind unleserlich und zerknüllt! Große Verzweiflung macht sich in meinem Herzen breit! Figuren des Romans. Wie gerne hätte ich einmal einen Hund! Und einige Reisen muss ich machen: Mit der Transsibirischen Eisenbahn möchte ich einmal bis Wladiwostok fahren und retour. Und dann natürlich die Chinesische Mauer sehen und auf der alten Seidenstraße unterwegs sein, aber solange in China noch mehr als 3000 Menschen jährlich zu Tode gerichtet werden, darf man dort kein Geld lassen und sollte einen Bogen machen. Mittlerweile gibt es sicher über 15 Länder auf der Welt wo es gefährlich ist, als Christ hinzureisen. Also bleibe ich bei meinen Büchern und dem Internet und reise virtuell, sicher von zu Hause aus. Timbuktu und in die Südsee, genauso wie Kanada und Irland sind interessant. Grönland lockt mich auch und selber zu fliegen. Wie gerne hätte ich damals auf Mallorca meinen Pilotenschein gemacht. Ist die Idee gut? Fliegen ist auch gefährlich, es gibt viele Todesfälle. Mein Traumtagebuch hält mich ganz schön auf Trab. Es belastet mich, was ich alles so träume. Aber es fühlt sich auch etwas so an, als wenn ich meine Vergangenheit verarbeite. Also, wie war das Boot fahren und Rudern gehen, in meiner Kindheit? Das hatte ich heute zum Thema. Den Traum ein Versteck zu bauen, mitten unter einer recht öffentlichen aber sehr romantischen Brücke, haben wir nie realisiert. Ein Geheimversteck für uns Mädchen, das wäre schön gewesen. Heute läuft: Buddenbrooks; Regie: Heinrich Breloer. Mit: Armin Mueller-Stahl, Iris Berben, Jessica Schwarz, Mark Waschke und August Diehl. BRD 2008. Fünf Freundinnen, die Abenteuer erleben wollen. Und von einem eigenen Hund träumen. Einem Gefährten. Ständig haben wir all die bekannten Jugendbücher gelesen, von Tim und Struppi, Hanni und Nanni und natürlich den fünf Freunden. Welche Ideen gab es noch? Was wird passieren? Jetzt bleib mal auf dem Teppich und schweife nicht immer ab! Ein Hund hier? Auf dem Flur, hab ich einen gehört? Das kann nicht sein? Wirklichkeit, Traum, Visionen und Fiktion beginnen sich zu vermischen. Werde ich verrückt? Muss ich fliehen? Ja, langsam drehe ich durch. Ich entwickle eine Fata Morgana. Ich erfinde wieder Fluchtträume. Über die Dächer. Ein Sprung ins Tiefe und dann ab die Post. "Der Tote Tag" von Ernst Barlach. Post von meinem Vater, die mich wirklich sehr traurig macht. Interessant, das ich mich hier im Zellenleben so geborgen und so gut aufgehoben fühle. Das liegt bestimmt an den vier super netten Mädchen, mit denen ich hier zusammen lebe. Deren Geschichten, die gehören auch erzählt. Dieser genaue Rhythmus hier und die vielen Regeln, die geben mir ein Korsett, in dem ich mich recht gut bewegen kann. Und so viel Zeit zum Arbeiten, zum Schreiben. Habe ein Buch begonnen mit kleinen Erzählungen. Es geht dabei um die Orte meines Lebens. Im Moment bin ich in New York und berichte, was mir dort alles so passiert ist. Eine große ungeheuerliche Stadt, in der man wirklich täglich sehr viel erlebt, wenn man sich frei und ungezwungen bewegt und neugierig und mutig! Ein Kind verirrt sich im Dschungel der Großstadt und braucht ewig, bis es wieder nach Hause findet. Kein Problem, kein Ärger, niemand hat sie vermisst. Sie darf sich alleine und sehr frei bewegen, sie ist noch keine acht Jahre alt. Mitten in der Woche. Die Wochentage verschwimmen, aber die Sonne scheint warm und sehr hell. „Darling, where are you, I miss you! Milan. Mein Milan, danke, wieder ein Zettelchen von Dir, beim Hofgang. Habe es bereits irre vermisst! Alles hat hier seine Ordnung. Auch die Liebe. Die Jungs sind ziemlich treu und konstant in Ihren Zuneigungsbeweisen. Ich habe eine Vision. Denke mir aus, dass das hier alles nur ein Film ist und wir am Abend ins Hotel gehen. Da alle so nervös sind vom Haftleben, in das sie sich hineinversetzen müssen tagsüber, während gedreht wird, sind wir dann abends recht ausgelassen! Gerät abends alles ziemlich außer Kontrolle machen wir prinzipiell um 24.00 Uhr Sperrstunde, Licht aus und eine Ruheanordnung. Das ist eines meiner Lieblingsphantasien. Es ist kaum zu glauben, wie einem die Enge der Zelle nach einigen Monaten auf die Nerven geht! Also ich habe das Buch Quergelesen und sofort begonnen eine Liste zu machen und einen Plan. Soll ich mit der Scientology Kirche zuwenden? Das Buch zu dem ich Kommentare und Aufsätze schreiben soll heißt, „Arbeit“! Was mir Arbeit bedeutet? Kaum zu glauben, ein Freund aus Zürich schreibt mir, dass ich mein Schicksal absitzen muss. Das ich sicher schuldig bin und halt dazu stehen muss. Er wünscht mir eine gute Bekehrung und eine besinnliche Zeit der Einkehr und Stille. Wie gerne ich arbeite. Mein Dasein hier empfinde ich auch als Job. Und ich schreibe fast mehr als dreizehn Stunden täglich. Soviel könnte man in einem anderen Leben ja gar nicht schaffen. Aber ich habe ja auch wirklich gar nichts zu tun, außer zu schreiben. Also, ist das mein Job. Wenn ich nur endlich eine ganz richtig und normale Arbeit hätte, eine Festanstellung, ein regelmäßiges Gehalt. Frauenarmut ohne Verdienst, das bringt einen um! Ein Rückblick in meine Vergangenheit, meine Liebe zu Italien, gestern und heute. Träume schon immer von einem Leben in Italien. Ich liebe die Kunst und das Lebensgefühl dort. Aber auch den Lebensstil und eben das gute Leben. Else Lasker-Schüler begleitet mich in diesen Tagen. Das hat sie schon früher. Ich liebe Ihr gesamtes Werk. Meine Fragestellung in der letzten Woche war, was mache ich falsch um eine Arbeit zu finden und zu halten. Warum behalte ich nie lange eine Stellung? Da sich das nicht nur auf mein Berufsleben bezieht, sondern auch auf meine familiäre Situation und auf mein Privatleben, möchte ich herausfinden, was ich falsch mache. Da ich in Bezug auf meinen Glauben an die katholische Kirche gerade eine sehr große Fragestellung erlebe, habe ich mich der Scientology Kirche zugewandt in der Hoffnung dort Lösungen und Antworten für meine Themen zu finde. Heute Nacht geträumt, ich bin in einer Kirche, die abbrennt. Die Türen waren von außen verriegelt. Keiner konnte hinaus, wir sind fast alle verbrannt und beinahe gestorben, bis wie durch ein Wunder der Brand von einem Gewitter gelöscht wurde. Es gab über dreihundert Tote. Ich habe überlebt und geholfen die Leichen zu vergraben.
Alle Erinnerungen holen mich immer wieder ein.
Ein Horror, aber zurück, zu meinem Thema. So interessiert es mich zum Beispiel dafür, in einer Gemeinschaft von Menschen zu erleben, die sich und die Welt verbessern wollen. Dass das Gute siegt und siegen kann, wenn es sich aufmacht, das Böse zu begreifen und zu schwächen, daran glaube ich. Der Traum wird wahr. Ich erinnere mich an einen Film, in dem waren Juden so eingesperrt, in England, aber es hat keiner überlebt. Dir ist es gelungen, Du lebst in Berlin! Gratuliere. So hat es doch noch geklappt und Du konntest in den Westen. Super, ich freue mich für Dich. Schreib mir, ja, ich freue mich auf eine Antwort. Gott hat kein Gewitter geschickt. Das war mein Traum. Ich hoffe aber, dass ich diese Hoffnung niemals aufgeben muss. Und das Gute wirklich siegt, eben im Kampf gegen das Böse. Wie schwer mein Herz ist! Nachtwachen! Bonaventura macht mich sehr nachdenklich. Ich komme immer wieder auf verschieden Tollheiten. Schreibe die süßesten Liebesbriefe. Bin so verliebt. Alle anderen Verehrer können mir wirklich gestohlen bleiben. Sein Foto drück ich an mein Herz. Jede Nacht vorm Einschlafen küsse ich es und träume, träume dass er mein wirklicher Geliebter wird. Der geliebte Mann meines Lebens. Sein Briefe sind mir das Liebste und das Heiligste, was ich hier besitze! Von Tag zu Tag wird meine Laune schlechter. Alles geht mir hier auf die Nerven! Es ist so eng, so eng hier. Die Zellen sie geben jedem nicht einmal zwei Quadratmeter Platz. Ich drehe durch! Da muss man ja Klaustrophobie bekommen. Heute scheint die Sonne! Denke immer wieder an Mutter Courage. Frauen können wirklich stark sein. Als meine erste Herangehensweise war es herauszufinden, wie ich mir eine berufliche Zukunft erträumen würde. Also was sind meine Träume heute? Ich will hier raus! Freiheit! Frei sein, ich will nur noch frei sein. Gefängnis, das ist doch wirklich eine Sackgasse. Endstation Sehnsucht! Die Antwort ist eigentlich neu und doch alt. Also ich würde gerne in die Lehre und Forschung gehen können und universitär einen Fuß hineinbekommen in das Getriebe derer, die denkend die Schüler von morgen dahin bringen können sich besser zu entfalten und weniger Fehler zu machen, als wir bzw. meine Generation es noch getan hat. Dahinter steht auch eine Genderthematik. Als nächstes schaue ich wieder einmal auf die Realität. Und dann bin ich wieder bei Brecht und bei der Arbeit von Peter Zadek am Deutschen Schauspielhaus. Ich bin wirklich eine Zeitzeugin, dieser Zeit. Lulu mit Susanne Lothar und Andi, und all die Gastspiele. Reineke Fuchs von Bogdanov und, und, und wie ich diese Zeit dort geliebt haben. Minks und seine Bühnenbilder. Das Ensemble und die Routine der täglichen Abendvorstellungen. Die Stimmung im Haus mit Paulus Manker und all den anderen wie Uwe Bohm und die Heldinnen, die Frauen. Heute Nacht war ich in der Kunstakademie in Prag, wie wir hinten bei den Bildhauern fotografiert haben und wie ich mich entspannt habe, angelehnt an die Objekte mit der Sonne zu schmusen. Mich unter dem Auge der Kamera zu rekeln. Ich liebe es Model zu stehen. „I am a model..., forever?“ Ich weiß Du träumst genauso von Flucht, wie ich. Aber wir müssen hier durchhalten. Mein Traum Dich zu heiraten ist das Beste. Ich liebe Dich und freue mich so Dich getroffen zu haben. Geh nicht weg ohne mir weiter zu schreiben. Ich muss sicherlich noch zwei Monate oder drei hier bleiben. Bitte bleib meine Freundin, ja. Dein Valerie P.S. ich bin sehr eifersüchtig, wegen dem Jungen vom anderen Trakt, der immer sagt wie schön Du bist! Also, in der Schweiz habe ich eine sogenannte ruinierte Position. Meine Karten auch schlecht. So ein schöner Tag. Die Sonne scheint richtig in mein Herz. Ich hatte sehr viel Aufmerksamkeit und Scheinwerferlicht. Alle mögen mich. Wie beliebt ich bin. Das ist wirklich erstaunlich. Und dort ist das Niveau so hoch, dass ich kaum mithalten kann, auf der Uni. Dann blicke ich über meinen Tellerrand hinaus und sehe Chancen. Nur diese gehören gut vorbereitet. Und dann sehe ich mein privates und familiäres Leben an und weiß genau, dass ich meine Bindungen erhalten will. Zurück zu den Grundlagen und Daten aus „Probleme der Arbeit!“ Franz Kafkas, Prozess und Amerika sind die Werke die gerade meinen Alltag füllen. Heute Nacht habe ich dann davon geträumt, dass ich einen Wald durchqueren muss, ganz allein, der fürchterlich wild und gefährlich ist. Zum Schlafen suche ich mir immer einen großen Laubhaufen und buddle mich ein. Ich vermisse den Wald. Es wäre schön, wenn ich mit dem Job als Dozentin beginnen könnte. Auf dem Land zu leben. das wird mir gefallen. Der Wald am Stadtrand, war ja lange ein wichtiger Bestandteil meines täglichen Lebens. Bäume, Natur, freie Tiere. Ich möchte wieder frei sein. Ich fühle mich im wahrsten Sinne des Wortes eingesperrt! Der Zustand des Seins ist als das Ergebnis davon definiert, eine Identität angenommen zu haben. (Aber wer bin ich?) Zum Beispiel den eigenen Namen, der eigene Beruf, die eigenen körperlichen Merkmale. (Wie sind meine?) Blaue Augen, braune Haare, ein hübsches Lachen und sonst? Also wen gibt es dann heute? Da benutze ich einmal das ARK Dreieck: Eine Frau die, die Affinität hat zu glauben sie könne die Sterne vom Himmel holen. Eine erwachsene Frau, eine abenteuerlustige Visionärin, die sich auch als Kampagnenentwicklerin für die Theaterszene sehen könnte und als Propagandistin und Sprachrohr für Menschen und deren Meinungen, die zu kurz kommen. „Just yesterday morning they let me know you where gone. Suzanne the plans they made put an end to you! I dream a dream!“ Ich träume davon einen Förderer zu finden, der es mir ermöglicht alle Bilder meines Lebens zu malen und alle Geschichte zu erzählen, die, welche ich bereits erlebt habe und jene, welche ich noch erleben werde!

Die ewige Frage nach der Identität, die ständig verloren geht.


Zurück, wie finde ich mich, wer ich bin und wer ich sein werde? Heute, an einem Märztag, grau und ernst habe ich mir vorgenommen einmal die Geschichte meiner Ehe der schönen Seite zu betrachten. Nun ist viel Zeit vergangen. Inzwischen ist die Mauer gefallen. Japan ist fast untergegangen und China wird immer mächtiger. Und Du? Was machst Du? Was ist aus Dir geworden. Magst Du, wenn ich über Dich schreibe? Wenn ich berichte, wie traurig und zugleich schön Du immer warst? Schreib mir, es würde mich sehr freuen. Mich mit anderen Rollen und Personen zu identifizieren, das hätte eigentlich auch eine gute Schauspielerin aus mir gemacht. Aber ich wollte ein größeres Leben. „Liebesgeschichten, die gut ausgehen“, von Isabel Allende, Doris Dörrie und anderen, die brauche ich immer wieder und an ein Happy End glauben zu können. Scheidung der Eltern das ist immer ein Drama, für jedes Kind. Ich habe es auch besonders schlimm empfunden. Wenn dem so ist, das ich damit auch noch heute meine Familie vor den Kopf stoße, dann tut mir das leid. Weil ich meiner Mutter ihre Liebe und ihre Ehe wirklich gönne und denke, dass sie sehr glücklich ist. Perspektiven, wie man etwas betrachtet und in welchen Zusammenhängen vergangene Ereignisse bewertet werden haben immer auch eine Bedeutung für das Heute. Daher möchte ich klug sein und niemanden verletzten und schon gar nicht die Zukunft meiner Kinder irgendwie negativ beeinflussen. Überhaupt habe ich nur noch meine Kinder und die Nachwelt im Kopf, wenn die Mutter meines Schatzes sagt, sie stirbt bald und wenn sie sich wünscht, das alles vorbei ist, dann denke ich, sie sieht gut und glücklich aus. Was ist mit ihr? Warum ist sie müde vom Leben?Es bleibt immer ein Thema, wer war der blaue Reiter? Mut zur Wahrheit, bedeutet eben auch sich nicht zu scheuen vor der Kritik und den Gemeinheiten der Allgemeinheit. Dem hässlichen Gerede zum Beispiel. Ich liebe es, wenn ein zartes Band gesponnen wird, zwischen Ereignissen, Gedanken und dem Wollen und Träumen. Was das für schöne Namen sind: Isamu, Reiko, Goro, Nomi, Shidzue. Was ist das, ein japanische Identität? Denke immer an den Kimono, den meine Mutter getragen hat. Das muss doch eigentlich ein Geschenk meines Vaters gewesen sein. Die Bilder, das Wörterbuch und all die Pakete und Geschenke, wie ich sie mochte. Wie ich mich nach einem Leben mit ihm gesehnt habe. So gerne hätte ich meinen Vater begleitet, so gerne wäre ich bei ihm gewesen. Julie Shigekuni, die die Brücken der Sehnsucht geschrieben hat, berührt mich sehr. Ein neues Leben in San Francisco zu leben, als Japanerinnen. Das ist bestimmt schwer gewesen. Ich identifiziere mich immer mit den Kirschblüten und dem Sushi-Essen. Liebe Suzanna Zuep, Du bist wieder zurück in Moldawien? Es scheint so, als wenn Dein Wunsch die Kluft zwischen Arm und Reich zu bewältigen und in den Westen zu kommen und dort ein eigenes Modegeschäft zu besitzen nicht gelungen ist. Bist Du jetzt reich? Lebst Du in einem schönen Haus, oder bist Du arm geblieben? Du bist so unglücklich gewesen, weil es Dir nicht gelungen ist, in den Westen zu kommen. Schon damals nicht. Es tut mir leid, das Dein Traum gestorben ist. Deine Anuschka, schick mir doch bitte ein paar Bilder, wie Du jetzt aussiehst, ja, für mein Buch. Vielleicht liebe ich daher den Frühling hier so sehr. Das Schreiben gehört zu meiner Lieblingsbeschäftigung. Daran gefällt mir alles. Das Layout zu machen und die Auswahl der Texte und Geschichten, die klassische Präsentation und die Qualität, eines Verlages sind mir wichtig. Jahre später, ich sitze über der Überarbeitung und in Erinnerung an meine Zeit im Gefängnis und was es heute aus mir gemacht hat, ein Häufchen Elend, welche immer wieder Angst davor hat wieder ins Gefängnis zu kommen. Ein neuer Tag, Franz Leslie arbeitet an den drei Beethoven Sonaten Nr. 1 A-Dur, Nr. 9 A-Dur und Nr. 10 G-Dur für das Konzert am 17. Januar in der Münchner Residenz im Max-Joseph Saal mit Andrea Gajic. Katja schreibt und ich sitze nach einem schönen Frühstück in dieser kreativen Atmosphäre und denke an meine Mädchen in Kirchdorf, die jetzt aus der Kirche kommend glücklich mit der Gerlach-Cousinage spielen. Zu mindestens hoffe ich das. Ob sie im großen Haus sind, oder bei den Großeltern? Dietrich Dörner, „Die Logik des Misslingens“, strategisches Denken in komplexen Situationen. Das beschäftigt mich immer und immer wieder.
Liebe Marietta Brown, na, hat es geklappt, beim nächsten Mal? Ich freue mich für Dich, das Du jetzt in Paris lebst. Bist Du glücklich? Schreib mir doch ein paar Zeilen, wie es Dir jetzt geht, Deine Anuschka. Liebe Beatrice Bankmann, hast Du die große Liebe gefunden? Bist Du glücklich? Was macht Dein Leben jetzt aus? Hast Du eigene Kinder, vielleicht ein schönes Haus? Erzähl mir ein bisschen, was aus Dir geworden ist. Es interessiert mich sehr. So viele Briefe habe ich inzwischen geschrieben und so enorm viele Antworten bekommen. Wie das weitergehen wird, ob es mich ewig verfolgen wird, dieses Kapitel meines Lebens? Man soll eben keine Experimente machen. Es braucht immer eine Situationsanalyse, um eine Realität zu begreifen. Fern- und Nebenwirkungen dürfen nicht außer Acht gelassen werden. Negative Reaktionen werden falsch interpretiert und dann scheitert man an der Realität. War es schlimm. Hast Du danach wieder weitergemacht mit all Deiner kriminellen Energie? Oder bist Du in der Kreativ Wirtschaft gelandet? Ich stelle mir vor, dass Du fleißig und klug wie Du bist sicher Karriere gemacht hast, oder nicht? Schreib mir. Blume, Baum, Vogel. Heute kommt soviel Post. Es wird ein dicker Roman werden müssen, wenn ich alle Berichte hineinbekommen will. Und ein großartiger Film. Hab mich schon in eine Schauspielerin verguckt, die Irene Jakob, aus Frankreich, die wäre sehr geeignet für die Hauptrolle, hier in diesem Film und den Felix Dünnemann oder den Lars von Trier würde ich mir als Regisseur wünschen. Oder besser eine Frau? Rose-Marie Zeppelin, konntest Du Deine Unschuld beweisen? Was ist aus Dir geworden, wie ging Deine Geschichte nach der Abschiebung weiter? Bitte schreib mir, ich mache gerade ein Buch und würde gerne ein paar Zeilen zu Dir und unserer Begegnung hinein-schreiben. Bist Du damit einverstanden, melde Dich! Oder doch besser eine Frau? Ja, also das Frauenthema ist hier ja ein großes. Es sollte ein wirklicher Frauenfilm werden. Meiner? Soll ich selber Regie machen? Oh, ich bin müde. Außerdem diese ewige Angst wieder ins Gefängnis zu kommen. Die geht nie weg. Die bleibt für immer. „Bist allein im Leeren, glühst einsam, Herz, Grüß Dich am Abgrund dunkle Blume, Schmerz. Reckt seine Äste, der hohe Baum, Leid. Singt in den Zweigen, Vogel, Ewigkeit. Blume, Schmerz ist schweigsam, findet kein Wort, der Baum wächst bin in die Wolken, und der Vogel singt immerfort.“ Ich habe eine große Affinität zu Landschaften. Die Liebe zu der Ruhe in der Natur und dem Blick über die Felder geprägt. Fontane ist auch einer meiner liebsten Schriftsteller. Ich lese sie immer und immer wieder seine Werke. Besonders der Stechlin hat es mir angetan. Die Herzenskonflikte und das Nachdenken, sind alles nur Plaudereien und Dialoge, in denen verschiedene Charaktere irgendwie gemalt werden. Es gibt kaum eine Geschichte, kaum eine Handlung und doch so viel Poesie und Sprache und was alles zwischen den Zeilen steht! Liebe Gisele Anders, schade das Du nicht erst jetzt geboren wurdest. Siehst Du, Europa hat sich doch ziemlich gewandelt und viele Grenzen sind gefallen. Ist das nicht schön? Schade, dass Du soviel Ärger deswegen hattest. Schreibst Du mir, wie es Dir ergangen ist, in den letzten Jahren? Wenn man so z.B. Wand an Wand wohnt, wie ein Häftling und den auf der anderen Seite nur beim Hofgang sieht, dann mag man das. Man klagt seine Not und das reicht um sein Dasein als Figur in einem Buch zu rechtfertigen. Im Theater ist das anders, da braucht es den Widersacher! Weiter in meiner Geschichte: Später wurde ich zur Hochzeit von der älteren Schwester Theodora mit dem Anton Fugger eingeladen. Von damals gibt es bereits ein schönes Foto von mir im Park und bei den Sonnenblumenfeldern, ebenso Bilder wo Konrad und ich an einem Tisch sitzen. Wir sind uns aber nur freundlich begegnet, weiter nichts. Im Jahr x haben wir uns dann auf einem großen Fest in Zürich wieder getroffen. Damals bat ich ihn spontan, weil er so verloren in der Gegend stand, ob er nicht mein Tischherr sein möchte. Wir saßen dann an einem Tisch, an dem uns keiner kannte und wurden gefragt, ob wir ein Ehepaar seien. Wir lachten, schauten uns an und er meinte, was nicht ist kann ja noch werden. Damit begann unsere Romanze. Wilhelm Schmid steht in meinem Regal zu der damaligen Zeit: was jeder einzelne für das Leben auf dem Planeten tun kann, „Ökologische Lebenskunst“. Ich bin begeistert. Wir haben eine neue Lebenserwartung. Ich liebe offen Grenzen und Beziehungen. Seit 1938 verleiht die Stadt Zürich im Gedenken an Conrad Ferdinand Meyer den Conrad-Ferdinand-Meyer-Preis. Lese und lese, lese soviel ich kann. Zum Glück senden mir meine Freunde alles, was ich brauche um gut arbeiten zu können und meinen Geist einzudecken. Hat es geklappt mit Deiner Scheidung? Und was ist aus den Kindern geworden? Hast Du Dich frei und unabhängig machen können. Bist Du glücklich geworden? Schreibst Du mir? Ich freue mich sehr von Dir zu hören. Die Unsterblichkeit wird zum Thema und das sich verewigen. Der imperativ lautet: Handle so, dass Du die Grundlagen Deiner eigenen Existenz nicht ruinierst. Dazu brauchen wir aber Analysen und Zusammenhänge.Die Binnenhandlung erzählt, dass der Mönch Astorre von seinem sterbenden Vater genötigt wird, sein Glaubensgelübde zu widerrufen und zu versprechen, Diana, die Frau seines gestorbenen Bruders, zu heiraten, da sonst die Familie nicht mehr weiter existieren könne. Diana verliebt sich zwar in Astorre, dieser erwidert ihre Liebe jedoch nicht. Astorre hadert erst mit seinem Schicksal, denn er sieht sich um sein Lebensziel betrogen, verliebt sich dann aber unerwartet in die schöne Antiope. Zur Bestürzung aller vermählt er sich mit dieser am Tag nach der Verlobung mit Diana. Der Vorfall gerät zum allgemeinen Skandal und mündet schließlich in einem dreifachen Mord: Diana rächt den an ihr begangenen Treuebruch und ermordet Antiope. Daraufhin ersticht Astorre den Bruder Dianas, seinen Jugendfreund Germano, und wird schließlich selber vom Schwert des Sterbenden tödlich getroffen. Also weiter, was ist aus meinem Leben geworden? Wir verbrachten einen sehr schönen Abend und ich trennte mich mit dem Versprechen ihn einmal im Sommer zu besuchen, meinen zukünftigen Ehemann. Ich liebte den Blick aus dem Fenster auf die Kastanie in seinem Haus und hatte lauter schöne Gefühle und Emotionen, wenn ich dort hinaus blickte. Franz de Montaigne, Tagebuch einer Reise nach Italien war damals meine Lektüre. Man reist um sich frei zu machen. Das stimmt. Ich reise schon lange immer von Prag nach Zürich und dann über München wieder zurück. Ich kenne ganz Deutschland und ziemlich viel von Europa. Mit meinem Vater war ich öfters in der Toskana. Die habe zu lieben begonnen, seit wir unsere Maturareise dorthin unternommen haben. Florenz und die Uffizien sind fest eingeprägt in mein Herz. Alle berühmten Gemäldegalerien auf der Welt möchte ich gerne einmal bereisen. Ich beschäftige mich mit dem Bewältigen von Krisen und mit Eduard Mörike. Mörike wurde zu Lebzeiten als bedeutendster deutscher Lyriker nach Goethe bezeichnet. Trotz der späten Ehrungen erkannten aber nur wenige seine literarische Bedeutung. Jakob Burckhardt gehörte zu ihnen, oder Theodor Storm und Iwan Turgenew. Mörike galt lange Zeit als ein typischer Vertreter des Biedermeier, der die vertraute und enge Heimat besingt, Georg Lukács tat ihn ab als einen der „niedlichen Zwerge“ unter den Dichtern des 19. Jahrhunderts. Heute erkennt man das Abgründige in Mörikes Werk und die Modernität seiner radikalen Weltflucht. Gedichte (1838, erweitert 1848 und 1864). Aus der Phase während des Vikariats, in der er versuchte, als freier Schriftsteller zu arbeiten, stammen u.a. „Die traurige Krönung“ (1828), „Septembermorgen“ und „Er ist's“ (1829). Diese war von Mörike als Einschub in seinen zweiten Roman geplant, den er aber wegen privater Schwierigkeiten (Trennung von Luise Rau, Verhaftung des Bruders Karl) nicht fertigstellte, sondern nur diesen Einschub beim Verleger ablieferte. Die als Rückblick erzählte Handlung der Novelle dreht sich um die Begegnung eines Studenten mit einer Kinderfreundin in seiner Geburtsstadt, die eines Mordes bezichtigt wird, und die er nach dem Erweis ihrer Unschuld heiratet. Auch hierin sind Anklänge an Maria Meyer zu finden. Ich identifiziere mich gerne mich solchen Figuren und ich mag es Parallelen zu entdecken, die beweisen, das mein Schicksal nicht so ungewöhnlich ist, sondern es viele fast identische Geschichten, gibt und gab und immer geben wird, wenn wir nicht lernen aus unserer Vergangenheit zu lernen und den Geschichten unserer Vorfahren zu lauschen. Ich lese weiter: Mozart auf der Reise nach Prag (Novelle, Erstveröffentlichung Juli und August 1855 im Morgenblatt für gebildete Stände Nr. 30–33, selbständig als Buch dann 1856). “Die berühmteste Künstlernovelle des 19. Jahrhunderts“. Nach 1856 entstanden keine großen Prosawerke mehr, und bis zu seinem Tode verfasste Mörike, abgesehen von wenigen Widmungs- und Gelegenheitsgedichten, kaum mehr Verse.
Übersetzungen. Mörike war ein exzellenter Kenner der griechischen und römischen Poesie und veröffentlichte mehrere Übersetzungen. Er übersetzte unter anderem Kallinos, Tyrtaios, Theognis und einige Homerische Hymnen. Immer noch suche ich nach einem guten Thema für meine Promotion. "Krise als Chance" von Kurt Tepperwein. Die Abschiebehaft war schlimm für Dich, weil all Deine Träume damit kaputt gegangen sind. Stimmt´s ? Du hast mir so leid getan. Und jetzt? Du bist ja in Deiner Heimat geblieben? Wie hat sich dort alles entwickelt, wolltest Du nie wieder weg? Erzähl mir etwas. Ich freue mich von Dir zu hören. Jetzt passiert etwas Neues und sehr unangenehmes. Da ich neuerdings auch immer Sorge habe, mich bringt jemand in die Psychiatrie, oder lässt mich einweisen und wie selber die Erfahrung gemacht habe. Wie es ist abtransportiert zu werden. Vollgepumpt mit Tabletten aufzuwachen in dem Bewusstsein, das man nichts mehr machen kann, als sein Schicksal anzunehmen. Das man Ruhe braucht und die Schlafmittel einem helfen zu schlafen und die Schmerzen weniger stark zu erleben. Verspüre neuerdings immer und immer öfter die Sehnsucht nach dem ewigen Schlaf. Der Sprung ins kalte Wasser. Der Maler Nolten (1832). Ein Roman, in dessen von Intrigen bestimmter Handlung Mörike seine eigenen Verstrickungen verarbeitet, so z.B. seine Begegnung mit Maria Meyer (Peregrina) in der Figur der Elisabeth. Darin enthalten ist das Puppenspiel „Der letzte König von Orplid“. Von 1853 bis zu seinem Tod arbeitete Mörike an einer zweiten Fassung, die mehr dem Realismus als der Romantik zuzuschreiben ist und als fast beendetes Fragment postum 1877 erschien. Nolten gilt mit seiner Handlung als einer der düstersten deutschen Romane. Insbesondere durch seine kapitellose, komplizierte Struktur tut sich die Interpretation schwer, Licht in sein Dunkel zu bringen. Dramatik als Aspekt von Gliederung und Verstrickung. Mir gefällt das . Es spricht mich an. Der ist mir gelungen, mit dieser Verlobung. Wer bin ich? Wo ist mein Selbstvertrauen geblieben. Ich jongliere. I phantasiere. Ich versuche einen Kindheitstraum wahr werden zu lassen, ohne genau hinzusehen. Da ich nach diesem ersten Weihnachtsfest in der Familie, blieb uns nur das Briefe schreiben. Dazugehören wollen und Anerkennung haben, als Ehefrau, als ein Teil der Gesellschaft. Dafür muss man eben mitmachen, aber kann ich das? Ich liebe doch die Opposition. Und das Theater. Theater ist für mich Verallgemeinerung. Daher will ich immer weg von mir. Suche mir andere Menschen, andere Geschichten, andere Landschaften. Ein Szenenwechsel ist wichtig für das Theater. Und auch die Suche nach immer neuen Publikum. Am Meisten begeistert mich, wie das Theater, trotz der Mehrheit der Zuschauer im Verhältnis zu den Schauspielern siegt. Ein Schauspieler ist in der Lage hunderte von Menschen zu begeistern. Bei den Büchern ist das noch gigantischer. Da ein Autor, Millionen oder sogar Milliarden von Menschen erreichen kann, heutzutage. Lilli Blau, Du hast geschrieben, das Du einen Mann mit einer KFZ-Werkstatt geheiratet hast. Direkt am Meer lebt ihr. Ist es schön, Dein Leben. Fährst Du viel Auto? Ist der Traum vom Westen dann endgültig gestorben, nach der Abschiebung? Schreib mir weiter. Ich freue mich sehr, wenn wir in Kontakt bleiben. Ich werde ein große Sekretariat beschäftigen können, wenn mir einmal als Autorin der Kontakt zu all meinen Lesern wichtig sein wird. Ich Wünsche mich von jedem auch dessen Lebensgeschichte zu hören und zu einen Schneeball ins Rollen zu bringen, wo jeder jedem seine Geschichte erzählen mag. Und wo sich alle Menschen für andere Menschen und deren Geschichten interessieren, um ein bewusstes Gegenübertreten von Mensch zu Mensch, von jedem zu jedem zu erreichen. Wenn ich Politikerin wäre, würde ich der Einsamkeit den Krieg erklären. Jetzt werde ich unterbrochen. Ich soll weiterschreiben an den Geschichten der anderen und von meiner eigenen lassen, die ist ja doch nicht so wichtig. Für wen? Als Dokument und als Reflektion, welch unglaubliche Ereignisse ein ganzes Leben für immer verändern können. Haben Sie Tagträume? Oder Traumata? Haben Sie schon einmal Ihre Träume analysiert? Unbewusst oder bewusst reflektieren Sie Ihre Handlungen? Ist Ihnen der Besuch von Tragödien am Theater wichtig?Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?

Es ist der Vater mit seinem Kind;
Er hat den Knaben wohl in dem Arm,
Er fasst ihn sicher, er hält ihn warm.

Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht? ―
Siehst, Vater, du den Erlkönig nicht?
Den Erlenkönig mit Kron’ und Schweif? ―
Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif. ―

Du liebes Kind, komm, geh mit mir!
Gar schöne Spiele spiel’ ich mit dir;
Manch’ bunte Blumen sind an dem Strand,
Meine Mutter hat manch gülden Gewand.“ ―

Mein Vater, mein Vater, und hörest du nicht,
Was Erlenkönig mir leise verspricht? ―
Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind;
In dürren Blättern säuselt der Wind. ―

Willst, feiner Knabe, du mit mir gehn?
Meine Töchter sollen dich warten schön;
Meine Töchter führen den nächtlichen Reihn
Und wiegen und tanzen und singen dich ein.“ ―

Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort
Erlkönigs Töchter am düstern Ort? ―
Mein Sohn, mein Sohn, ich seh’ es genau:
Es scheinen die alten Weiden so grau. ―

Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt;
Und bist du nicht willig, so brauch’ ich Gewalt.“ ―
Mein Vater, mein Vater, jetzt faßt er mich an!
Erlkönig hat mir ein Leids getan! ―

Dem Vater grauset’s; er reitet geschwind,
Er hält in Armen das ächzende Kind,
Erreicht den Hof mit Mühe und Not;
In seinen Armen das Kind war tot.
Denken Sie dass es wichtig ist, dass wir uns mit Tragödien beschäftigen? „Meine zukünftige Frau, Du weißt das ich Dich fragen werde und das unsere Verlobung bevorsteht, aber willst Du das wirklich? Mir ist es recht, wenn Du Dir Zeit lässt. Du musst nicht gleich Dein Zuhause im Schloss aufgeben. Lass Dir Zeit, ich werde warten. Dein Peter.“Das tat er auch sehr nett und ich fand ihn sehr liebevoll und süß. Donner Summer, back in love again. Soll ich es wagen, diese Ehe, ohne Liebe? Ich war nicht besonders glücklich und beschloss für zwei Wochen ins Kloster zu den Klarissinnen zu gehen um für diese Ehe zu beten. Das hätte ich dann wohl auch während der Ehe regelmäßig machen müssen, damit sich all die Schwierigkeiten und Probleme, die dann kamen nicht so ausgeweitet hätten. Liebe Angela Carlos, bist Du immer noch so enorm dünn? Es hat mir immer leid getan, Dich so zu erleben, als jemanden der den Hunger gewöhnt ist. Für uns im Westen war es nicht so vorstellbar wie viele Menschen es tatsächlich gab, die zu wenig zum Essen hatten. Die Ausbeutung nicht nur an sich selbst, sondern der ganze Kapitalismus, alles war doch sehr prägend für dieses letzte Jahrhundert. Schickst Du mir bitte auch noch ein paar Bilder Deiner Eltern und schreib mir etwas über deren Schicksal, ja. Und danke für das Ausfüllen des Fragebogens und das mitmachen bei meinem Interview und danke das ich Dich erwähnen und zitieren darf. Danke. Ich hab Dich in guter Erinnerung und es tut mir so leid, was sie Dir alle angetan haben, vor allem auch die Wärter damals. Sprache, Geste, Haltung und innerer Mut, das war bei Dir sichtbar, in jeder Bewegung. Stelle meine eigenen Vermutungen und Thesen dafür auf. Was für Zeichen muss man setzen um die absurden Moment im Leben auch für das Theater festhalten zu können? Ich schaue aus dem Fenster. Erinnerungen kommen hoch. Also, wie war das? In Klausur. Immer das gleiche. Immer das selbe, Tag für Tag. Woche für Woche. Die Geräusche von draußen. Was sich ändert sind die Vogelgeräusche. An Ihnen kann man die Jahreszeiten förmlich hören. Man lernt der Sprache ganz unbewusst. Es kommt der Frühling. Die Schwärme kommen zurück. Es kommt der Sommer. Es kommt der Herbst. Es kommt der Winter. Man hört die Schwärme davon ziehen, in den Süden. Man will mit. Man möchte ein Vogel sein und fliegen können. Förmlich und gewiss. Der Flügelschlag. Wieso habe ich mich nicht täglich hingesetzt und nur gehört, was mir die Vögel sagen. Soll ich das jetzt nachholen? Ich denke an die Bilder. An den ersten Vogel, den ich gezeichnet habe. Ich denke an all die Erlebnisse, die Unbewussten. Die, welche alle auch einmal so wichtig sind. Ich denke an das Zwitschern. Ich mag besonders gerne die Krähen. Als Kind habe ich sie auf meinem Schulweg beobachtet. Täglich hatte ich neue Eindrücke und täglich habe ich sie beobachtet. Ich möchte es, wie sie über die Spree zogen. Ich mochte diesen Fluss. Die Spree, mein Schulweg, die Erinnerungen an die vielen Trauerweiden, dort. Mitten in Berlin. Heute mag ich am Liebsten den Gesang der exotischen Vögel. Darum liebe ich den Süden. Sobald ich sie höre, ich kenne sie kaum die Vogelwelt und doch liebe ich ihre Stimmen. Die Stimme dringt in mein Herz. Als wenn die Welt draußen zu mir spricht. Nein, ich glaube es nicht. Was ist das eine Kulisse? Gitter vor den Fenstern. Ich denke an den Satz. Eines morgens wachte ich auf und war verhaftet. Ich fühle mich aber ganz gut. Habe gut geschlafen. Eine neue Arbeit. Gerade erst ein paar Tage begonnen. Mag die Kollegen. Alle haben mich freundlich aufgenommen. Wieder dringen die Vogelstimmen zu mir. Wir ziehen fort und Du? Wir kennen sie die Berliner Mauer. Wir, die mit ihr aufgewachsen sind. Wir wissen es ganz genau. Wie die Straßen von ihr geteilt waren und wir wir uns eingemauert gefühlt haben. Wir Westberliner. Gar keine Idee, das sie fallen könnte. Gar keine Idee, das die nächste Generation den Potsdamer Platz zum Beispiel. ohne Mauer erleben könnte.
Frei, wie ein Vogel sein zu können.
Hinzuziehen, in den Süden, im Sommer und zurückzukehren, wenn die Ernte auf den Feldern steht?
Ich bin in Berlin. Ich mag Berlin und ich freue mich das es keine Mauer mehr gibt. Hier gibt es kaum Felder und Wiesen. Schon, einige wenige, am Rand, an der Mauer. Landwirte sind kaum mehr da. Die sind hinter der Mauer. Auf die Felder dürfen wir nicht. Wir, wir müssen durch die Zone fahren. Wenn ich aus dem Fenster blicke, ist da die Gefängnismauer. Die andere Mauer, die ist schon gefallen. Ich, ich bin ja frei, nun, Erwachsen. Die Gefängnismauer hat nicht mehr die Bedeutung einer Mauer. Die schreckt mich nicht. Ich arbeite ja hier. Das hier ist nur noch ein Ort für Erinnerungen. Und das hier, das ist ein besonders wichtiger Ort geworden. Zeitzeugen berichten und ich. Ich kann das politisch nur unterstützen. Ich freue mich, ich kann mich mit dieser Aufgabe und Arbeit total identifizieren. Ich könnte für immer hier im Gefängnis bleiben wollen. Es tröstet mich. Außerdem habe ich im Grundwald eine schöne Wohnung in einem Haus mit Schwimmbad und ein Pferd für die täglichen Ausritte. Was für ein Kontrast. Er nahm meine Hand. Sie fühlt sich gut an. Er ist ein echter Rocker. Er steht für die Freiheit und hat sie mit seiner Freiheit und seinem ganz persönlichen Schicksal bezahlt. Er liebt die Rolling Stones. Er trägt lange Haare und immer seine schwarze Lederjacke und Weste. Er ist eben ein Rocker, durch und durch. Am Liebsten spielte er Schach, träumt von aufregenden Frauen und von der Freiheit. Einem Leben, ohne Mauer. Ein Leben mit der Möglichkeit tun und lassen zu können, was man will und vor allem dort hin gehen zu wollen, wo man will und natürlich auf ein Konzert der Rolling Stones! Musik. Wie wichtig sie ist. Ich bin mit den Beatles aufgewachsen und mit der Banane Krumm, die wenn sie gerade wäre, eben keine Banane mehr wär. Also außerdem mit: "Einer ist keiner, zwei sind mehr als einer, sind wir aber erst zu dritt, machen alle anderen mit. Einer ist keiner..". Brüder, zur Sonne zu Freiheit. Wie ich die Mai-Demonstrationen jedes Jahr geliebt habe und wie wir über die Mauer geschielt haben, mit dem Gedanken, das es toll ist, was die da probieren. Super, diese Mauer zu bauen und sich abzugrenzen von den Bonzenschweinen und den Kapitalisten. Ich träume davon ein Bonzenkind sein zu wollen, manchmal. Im Gripstheater gefällt mit das Mädchen das alleine auf der Schaukel sitzt mit Lackschuhen und einem weißen Kleid. Ich aber, ich muss die rote Zora sein, und die bin ich auch. Mit 15 werde ich Pankerin und dann haue ich ab, aus diesem Berlin.

Bin auf Trebe,

trampe in die Cramaque zu den wilden Pferde.

Habe Glück, entkomme einer Vergewaltigung, muss dann in der Nacht alleine zu Fuß wieder zurück über die Grenze, werde zum ersten Mal verhaftet, aber nur für ein paar Stunden. Darf dann weitertrampen. Ist ja bis jetzt auch gut gegangen, dachten die Eltern. War aber nicht so, ging diesmal nicht gut. Zum Ausgleich gab es ein Zugticket nach Berlin. Ich gehe nicht zurück nach Hause. Ich gehe in ein besetztes Haus, nach Bethanien oder an den Oranienplatz. Ich bin frei, ich mache, was ich will. Ich bin eine Berlinerin. Ich kann selber denken und handeln und ich bin alt genug, mir nichts mehr sagen zu lassen, mit 15. Raben und Krähen, die sind extrem unerschrocken und können sich gut verteidigen! Sie essen im Winter fast nur Mist. Zu meiner Zeit da gab es so was nicht. Man lebte voll Bescheidenheit. Oh ja, meine Eltern sind Studenten wir leben zu fünft vom Bafög und wir kommen durch. Wir brauchen nichts, außer Klavier spielen zu dürfen, Bücher zu lesen, zu tanzen und wild in der Gegend herum zu galoppieren. Auf wilden Araberhengsten am Liebsten. Das stimmt auch nicht ganz mit der Bescheidenheit, denn wir hatten ja tolle Großeltern und außerdem die Macht der Freiheit der Gedanken und des Geistes. Nichts konnte uns Kinderladenkinder der Linken aufhalten, die Welt erobern zu wollen. Wir träumen von Ungarn, von Ferien in der Puszta oder am Plattensee, fahren nach Formentera und Ibiza. Schlafen am Strand. Campen wild. Wir sind frei. Wir leben im Wald und wir genießen den Sommer. Viel Licht, viel Liebe und viel Sonne. Meer mit Quallen. Tolle Steine und schöne Muscheln. Wir essen was auf den Tisch kommt. Wir hungern nie. Wir fühlen uns wie die wilde Zora. Unabhängig und unbesiegbar, stark wachsen wir heran. Sollten wir nicht träumen. Träume davon, das wir uns frei entfalten können. Das niemand uns bestimmt und niemand uns zwingt etwas zu tun, was wir nicht wollen. Selber denken, selber handeln und selber leben wollen wir. Ich bin doch wirklich eine Rockerbraut. Da kam einer auf einem Schimmel und ich schickte ihn in den Himmel mit seinem ( ...) . Das war unser Lieblingswort, denn wir durften das als Kinder der 68 Generation ja in den Mund nehmen. Nur das Wort natürlich und sonst hatten wir moralische und ethische Wert zu begreifen. An die echte und wahre Liebe zu glauben und an den Intellekt.
Es ist wie gestern. Nächste Woche kommen sie nach Wien, die Rolling Stones. Er streckt jedem am Liebsten die Zunge raus, wie sie und rockt, was das Zeug hält. Er scheißt sich einfach nix und sagt immer, was er denkt.
Ja, ich bin schon da. Meine Gedanken sind aber nur bei ihm. er hat mich um den Finger gewickelt, wollte mich manipulieren und mir ebenfalls Macht zuspielen. das ist ihm gelungen. Ich habe lange gebraucht um zu begreifen, das er mir seine Geschichte, seine wirklich geschenkt hat. Nicht die, die er verkaufen muss, als Zeitzeuge, sondern die seines Herzens. Die Geschichte eines Rockers, der nicht einsehen wollte, das er seine Zunge im Zaum halten sollte. Er nimmt meine Hand, packt sie kräftig fest. Komm, ich zeig Dir mein zu Hause, meine Welt! Etwas tut sich auf, was ich kenne. Also da gibt es Befehle. Der ganze Tag besteht aus Befehlen. Hier lang dort lang, geradeaus. Stehen, gehen, setzen. Ausziehen. Anziehen. Still sein. Licht an, Licht aus. Alles ist Fremdbestimmt. Schlafen, Essen, Liegen. Spazieren gehen, Ruhe, Bewegung. Aber anders als beim Militär. Gehorsam und unberechenbare Ausbrüche. Plötzlich, Strafe. Unerwartet. Unangenehm. Ein Schrein. Schimpf und Schande. Beschimpfungen den ganzen Tag. Wie geht das? Wie kann ein Mensch das überleben. Satt Liebe und Hilfe. Schimpf und Schande und boshafte Gemeinheiten. Folter aus Willkür und Lust. Schaden und Bestrafen 24 Stunden lang, ohne Ende. Es gibt keine Ende, am Ende nur der Tod. Die Erinnerung, die bleibt aber sogar über den Tod hinaus. Ich habe mich immer gefragt, warum er so scheinbar dumm war. Warum hat er sich nicht anpassen können. Warum konnte er nicht aus seiner Haut und warum konnte er nicht kuschen und klein beigeben. Warum ließ er sich foltern, warum streckte er seinen Hintern hin und lies sich verhauen. Und warum hat er dieses stolze Lächeln des Alleswissers für sich bewahrt.
Was gibt er uns für eine Botschaft?
Aus dem Hosenbund zieht er einen riesigen Schlüssel! Soviel Schlüssel an einem Bund. Das ist der größte Schatz meines Lebens, sagt er. Also, das ist mir sofort klar, warum. Er geht mit mir in ein oberes Stockwerk. Dort sperrt er wie in einem Ritual eine große Gittertür auf. Hinter uns verschließt er sie wieder. Wir werden nie wieder durch diese Tür gehen. Nie den Weg zurück nehmen. Und doch machen wir einen Spaziergang in die Vergangenheit. In seine und meine. Wieder spüre ich den festen Griff. Aber ich muss hinter ihm gehen. Automatisch gehe ich gleichmäßig immer mit 40 cm Abstand zur Wand den Gang entlang. Er einen Meter vor mir, immer mit den Augen auf mich gerichtet. Ob ich alles mache, wie es sich gehört. Er schließt wieder die Zellentür. Verriegelt sie. Was, war es das, wird man uns jetzt hier vergessen? Über Nacht, für immer. Ich erinnere mich. Ich bin allein. Ich denke daran wie das war. Ich sitze auf dem Hocker. Die Stunden vergehen. Ohne Uhr. Ich weiß gar nicht mehr, was Zeit ist. Ich sitze da. Ich starre auf die Luke. Strafe jede Minute. Alles ist Strafe. Ich sitze auf dem Hocker. Tag- ein tagaus. Es hört nicht auf. Wie ich sitzen muss ist vorgeschrieben. Die Hände links und rechts. Ich darf auch aufstehen. Hin und her gehen. Dazu muss ich den Hocker auf die Seite schieben. Meine Pritsche ist hochgeklappt. Also ich gehe oder ich sitze und ich versuche ein System zu entwickeln, wie ich ein Gefühl für Zeit bekommen kann. Einundzwanzig. Einundzwanzig, das ist eine Sekunde. 60 Sekunden sind eine Minute. Also, dann muss ich Wörter entwickeln, die so lang sind wie das Wort: einundzwanzig“! Und dann kann ich daraus Wortketten bilden.

ICH WILL, ABER ICH DARF NICHT!
Ichbingefangen, ichwillfreisein, ichwilldenkendürfen, ichwillwasichwill, tununddenkendürfen, ichwillfreiatmenkönnen, ichwilldurchWiesenlaufen, durchWälder, inWäldernlebenundlieben,
ichwillküssen, ichwilldasLebenlieben, ichwillfreisein, morgenmöchteichraus, ichwerdeKraftbrauchen, meinGeistdarfnichtaufgeben,ichwillwiederichsein, ichwilllassendürfen,was ichwill, ichwillnichtausdenRhythmuskommen, ichwillfreidenkendürfen, ichwillnichtfürden Sozialismusleben, ichmagkeinePolitik, ichwillfreisein, ichwillMenschsein, ichwilldahinwoichwill,
ichwillalles, ichwilldieWeltkennenlernen, ichwillmichspüren, ichwillmichrühren, ichwillkaufen, ichwilllachen, ichwillnichtalleinsein, ichwillnichtisoliertsein, ichwillhinaus,ichwilllieben, ichwillstarksein, ichwilldurchhalten, ichwilllausche, demWindunddenMenschen, ichwilldieVögekhören, ichwillfreisein, ichwillichsein, lasstmichhinaus, ichwillmichnichtbrechenlassen, ichwillnichtsterben, ichwillleben, ichwillMenschsein, ichwillautonomsein, ichwillerwachsensein, ichwillimmehrichsein, dürfenundwollen, lachenundlieben, ichwilldassiewissen, dasmanMenschennicht brechenkann, ichwilldassiespüren, dassieunrechttun, ichwilldassiemeineMachtspüren, Menschzusein, ichzusein, individuellzusein, ichsein, Menschsein, lautsein, lachendürfen,liebendürfen, wollendürfen, denkendürfe, ichsein, ichwillfreisein, ichwillMenschein, ichwillraus, ichwillhierwiederraus!!!
Allessollneswissen, keiner darf es vergessen! Ich will ich sein! Jetzt wüßte ich gerne, wenn ich das Aufnehme, wie lange das ist. Ich probiere es einmal mit einem Takt. Hätte ich doch eine Stoppuhren dann wüßte ich, es sind genau eineinhalb Minuten. Und nun, wie geht es weiter. Ich bekomme meine Blechnapf mit Suppe. Mein Löffel. Alles, was ich habe.Verhungern lassen sie einen nicht. Ich muss jetzt essen. Wenn ich daraus einen Rapp mache, eine Schrittfolge und die dynamisch wiederhole, den ganzen Tag und immer nach zehnmal eine kleine Pause mache. Dann habe ich einen viertelstunden Takt entwickelt. Mit dem kann ich den Tag in vier viertel aufteilen. Also viermal den Rapp sind eine Stunde. Dann mache ich das viermal täglich, zwei mal vormittags und zwei mal nachmittags, dann habe ich eine Wachzeit von 16 Stunden. Dazu 8 Stunden Schlaf sind vierundzwanzig Stunden. Und wenn ich gestört werde, dann mache ich immer da weiter, wo ich aufhören musste. Irgendwann ist der Rhythmus so in mir, das ich genau weiß was eine Stunde und ein Tag ist und was ein Vormittag und ein Nachmittag ist. Ohne Irritation. Ohne Störung. Das ist die totale Illusion. Das wird so nicht gehen. Aber es ist eine gute Idee. Eben eine echte Utopie?

Hey, schöne Frau!

Ich bin folgsam. Es sitzt mir im Blut, eingemeißelt für immer. War ich doch gerade aus der Untersuchungshaft, war ich frei und unschuldig gesprochen, so blieb ich doch ein Häftling. Ein gewesener. Ein Knastologe, der es von innen kennt. So habe ich sie selbst gerade erlebt, all die politisch Gefangenen, Grenzgänger. Ich schaue auf die Luke an den Zellentüren. Starre förmlich darauf. Gut, heute von außen, nicht mehr von innen. Das ist eindeutig eine andere Perspektive. Er schaut mich plötzlich anders an, nicht das ich nackt bin, plötzlich, nein ich habe einfach nicht mehr das an, was ich an habe und schon gar keinen Rock. Es ist still um uns. Vor uns die Gänge, die Türen, alle verriegelt, keine ist offen, damit hier keiner mehr eingesperrt wird, oder heimlich sich verirrt oder selbständig spazieren geht. Hier braucht man immer noch die richtigen Schlüssel zur richtigen Tür. Das zu wissen ist eine Schulung von Jahren. Ein Geheimnis. Ein Schicksal, für immer. Charly kennt jeden Schlüssel und jede Tür. Er liebt es Besucher hier herumzuführen. Ob er mit anderen Frauen auch schon dieses Spiel gespielt hat. Er behauptet nein, aber ich weiß das es auch gut Lügen kann. Er redet wie er will, lügt wann er will, provoziert, wann er will und spielt mit allen und jedem. So habe ich ihn kennengelernt. Das war mein ganz persönlicher Eindruck von ihm. Wir gehen an lauter geschlossenen Türen vorbei. Manchmal können wir einen Blick hineinwerfen. Es sind lange Gänge. Immer dieselben. Wir wandern ewig herum. Dann sagt er, dort hinein. Wir gehen hinein. Er sperrt die Tür ab. Es ist seine Zelle. Stille. Erinnerung, an das Weinen. An das Klopfen. Das Weinen. Das Schluchzen. All die Geräusche. Das Schleife. Man hört sie Jaulen und Heulen, die anderen. Man hat keine Hoffnung mehr. Man hat nur Brot. Kein Spiegel. Bei der Toilette wird zugesehen. Tagelanges Weinen. Lust auf Selbstmord. Keine Chance. Kein Gürtel. Keine Strümpfe. Kein Besteck. Nur ein Plastiklöffel. Gedanken und Lust auf das Verhör, dass man endlich eine Unterhaltung hatte. Man musste immer auf dem Hocker hocken, oder man durfte hin und her laufen. Man verliert die Zeit für die Tage. Man hat nur noch seine Fingernagelstriche an der Wand. Die wurden aber regelmäßig entfernt. Nur den Hofgang, in der Kälte. Man zittert, man wird mürbe. Man hat nichts. Wenn sie mir sagen, was ich hören will, dann bekommen sie auch einmal ein Zigarette. Die Familie, die wird ausgelauscht. Alles wird ausgehorcht. Jeder wird zerbrochen. Die Erinnerungen bleiben, die gehen nie mehr fort. Nur die Vögel, die können davon ziehen. Ich hocke auf dem Hocker. An die Wand durfte man sie nie anlehnen. Ich schaue aus dem Fenster. Man sieht nichts, es ist mit Milchglas versehen. Diesen Ziegelsteinen, durch die nur ganz wenig Licht kommt und schon gar keine Luft. Und feste Gitterstäbe. Er sagt setzt Dich. Ich schaue zur Luke, ob ich Schritte höre. Nichts. Er schaut mich an. Sein Gesicht schaut sehr, sehr traurig aus. Das ist mein zu Hause, sagt er.
Willkommen auf meiner Bettstatt.
Danke, denke ich, das ich mich setzen darf. Wie viel Jahre, wie lange hat er hier gelebt, genau hier? Sehr lange, keine 20 Jahre, aber ein ganzes junges Leben. Was soll ich alles erzählen, ich lausche den Interviews der Zeitzeugen. Ich höre mir an, Tag für Tag. Was sie sagen. Wir sprechen und dann an anderer Stelle. Das geht nicht. So geht es nicht. Da wird nicht lange diskutiert. Es wird klar gesagt, das man sagen muss, was gehört werden will. Hey, schön das Du da bist. Er nimmt mein Gesicht in die Hände. Mir wird schwer ums Herz. Seine raute Stimme zeigt so viel Gefühl, wie man es bei einem Mann selten sieht. Fast nie. Ich komme mir vor, wie sein größter Schatz, sein Kind, seine Tochter, seine Geliebte, sein ein und alles. Er, sagt, "Du" , du erfüllst mir gerade den größten Wunsch meines Lebens, jetzt kann ich sterben. Er schaut mich an. So eine schöne Frau, die wollte ich haben. So ein Mädchen, hier bei mir, an meinem Herzen. Du bist es, Du bist mein so lang gelebter Traum, danke! Wir fragen Zeitzeugen. Wie war das eine Flucht zu planen? Wir hatten viel Freiheiten in der DDR. Ab drei Jahren waren wir im Kindergarten. Dann kamen wir in die Schule. In der Freizeit durften wir immer spielen. Wir haben draußen gespielt. Wir haben auch viel Mist gemacht. Wir haben es schön gefunden in der DDR. Ein sehr freies Leben. Natürlich kam auch einmal die Zeit vorbei. Schritte! Angst, hat uns jemand gesehen. Wir sind ganz keusch und sehr schüchtern. Eine Gruppe geht den Gang entlang. Wir werden nicht bemerkt. Die Luke ist dicht. Ich atme auf, schau auf das Eisengestell des Doppelbettes. Mein Blick wandert zur Kloschüssel und wieder zurück zu ihm, den Held der Anstalt. Er schaut gut aus, sehr verwegen und sehr stark. Mein Herz bebt. Es ist sehr erotisch, wird er etwas von mir wollen. Nein, er hat gesagt, er erzählt mir seine ganz persönliche Geschichte, von seinem ganz privaten Kampf, gegen ein Regime und gegen eine Mauer. Eine Mauer die nie vergessen werden darf, weil sie das Schlimmste war, was man einem Volk antun kann. Ein ganzes Land teilen und einsperren. Ich weiß, ich bin mit den Fahrrad an der Mauer zur Schule gefahren. Ich hatte Sorge, wenn wir über den Check Point Charly fuhren. Die Zone, eine unheimliche Geschichte. Transit. Nicht links und rechts schauen, schnell durch, möglichst ohne Pause. Ach, wenn er wüsste. Wie verliebt war ich in den Marxismus, in die schönen Märchenfilme aus Prag. Wenn er wüsste wie poetisch und stolz ich war, auf ein so politisch starkes Volk, das wir im Herzen sangen. Brüder, zur Sonne zur Freiheit. Und jetzt steht er vor mir, Charly. Er der nie frei war, sondern immer eingesperrt und der nur einen Traum noch hatte. Einmal mit einer schönen Frau in seiner Zellen in den lieben Tag hinein, den Gedanken nachzuhängen. Langsam zogen Wolken auf. Wir merkten, das es Nachmittag wurde. Komm. Er nahm wieder meine Hand und sperrt die Tür auf. Komm ich muss Dir noch einen anderen Raum zeigen. Wir gingen hinauf und hinunter. Ich fühlte mich wie ein Häftling. Ganz vertraut. Ich erinnerte mich an alles, was ich gerade ein paar Wochen zuvor selbst erlebt hatte. Das Stiegenhaus, die Türen, die Fenster. Alles sah genauso aus, wie ich es selbst erlebt habe. Grau, blau, grau und Staub und Metall. Manchmal Risse, ansonsten Schilder und immer Türen, die auf und zu gesperrt werden mussten. Die Schlüssel klirren. Das wichtigste Geräusch. Es klingt gut, wenn sich der Schlüssel dreht. Schritte und Stille und Schritte, und Türscharniere. Ein Schloss, ein klirrender Schlüssel, ein Klicken und wieder Stille und Schritte und ein "komm". Er nimmt meine Hand. Sie ist jetzt etwas feucht. Kommt schau. Er sperrt einen großen Raum auf, mit 8 Stockbetten. Komm, daher. Setz´ Dich daher. Voller Zärtlichkeit nimmt er wieder meine Hände, führt sie vorsichtig zu seiner Hose. Komm, bitte lass mich Dich ansehen. Ich will nur schauen.
Bitte lass mich.
Ich sage nein. Setze mich. Wir schauen wieder zu den vergitterten Fenstern. Er schließt die Tür. Mir wird heiß. Sehr heiß. Also doch? Dann beginnt er zu erzählen, von den langen Jahren im Knast. Von den kurzen Moment der Freiheit, bis er wieder verhaftet wurde. Von den Folterungen und all seinem Märtyrerdasein. Aber er hat sich nicht brechen lassen. Er, ist er geblieben und er hat sich in Phantasien gerettet. Das liebste ist ihm der Anblick eines süßen Schoßes. Und der Gedanke daran allein, der reicht schon. Ein Klicken, die Luke geht auf. Ein Kollege, hallo! Ah, Du bist es. Er schließt wieder die Tür. Verriegelt er sie. Was, war es das, wird man uns jetzt hier vergessen? Über Nacht, für immer. Alles ist irreal. Und da ist dieser Rocker und seine Geschichte. Er baut sich vor mir auf, flehend und sehr sexy. Nimmt wieder mein Gesicht in seine Hände und läßt seine Gedanken schweifen. Stille. Ach, kein Lufthauch. Ich atme und schaue mich um. Es ist mir vertraut, auch ich fühle mich zu Hause. Auch ich fühle mich wohl. Auch ich denke an meine Phantasien, schaue zur Luke, ob jemanden sie geöffnet hat. Keine Geräusche, nichts. Also, gut. Er macht was er will. Er macht alles, so wie ich will und ich träume und lasse meine Gedanken dahingleiten. Ich rühre mich nicht. Sitze still und fühle. Fühle mich als Gefangene, Gefangene nicht nur der Sehnsucht, sondern auch einer Situation. Was war das? Ein zu Hause? Eine Wohlbehagen in Gewohnheiten? Ja und ein knistern in der Luft. Weil jetzt die Erinnerungen an die Phantasien und Stimmungen der Lust und der Launen kommen. Ja, sie ist da, diese enorme erotische Atmosphäre zwischen den Wächtern und den Insassen. Ja, es ist so intim, dieses Zusammenleben auf so engem Raum, das es eben alles sehr nah wird. Wir schauen uns an. Zeit vergeht. Jahre vergehen. Gedanken schweifen herum. Der Boden, blitz- blank. Alles ist desinfiziert und abgespritzt gegen Ungeziefer. Hier gibt es keine Kakerlaken, keine Fliege und erst recht keine Ameisen. Tiere können hier nicht leben. Menschen müssen das. Jahrelang. Unten im Keller die Mauernischen für die Folterung, die Schweinegruben für den Abschaum derer, die nicht an den Marxismus geglaubt haben. Für die Wiederstandkämpfer. Eben für die echten Rocker! Es ist unser Jahrestag! Sein Todestag? Aber er ist mehr als einmal gestorben. Jede Folter ging über das Sterben hinaus. Jeder Hofgang ein Tod des Herzens. In Memoriam an einen der Auszog das Fürchten zu lernen und sich im Herzen das Lieben erhalten konnte. An einen, den keiner vergessen sollte, an einen Robin Hood des 20. Jahrhunderts!ein Staat der seine Bürger alle überwacht. Heute ist es normal. Heute wird die ganze Welt überwacht. Aber damals. Alles ist mit deutscher Gründlichkeit geplant. Wie konnte man sie verunsichern, die Bürger. Wir sind enttäuscht. Parolen können nicht täuschen. Spitzel sind überall. Jeder beobachtet jeden. Jeder weiß alles. Der Pfarrer erhält plötzlich Post. Was ist denn das? Die Fronten sind geklärt. Bedingungslose treue. Die Treue. Die ist Wichtig. Lernt und arbeitet fleißig. Wenn Euer Leben einen Sinn haben soll, dann müsst Ihr Euch täglich und stündlich für die DDR entscheiden. Für den Sozialismus.
Charly entwickelt viele Strategien, Gedanken und Gefühle und blieb ein Mensch. Einer, der er war, ein rockender Rebell, immer ein Lied auf den Lippen und ein Wiederwort. Nun bin ich in die Zukunft geschweift, obwohl wir noch immer in dieser Großraumzelle sind. Wir haben geträumt. Er nimmt meine Hand, sagt danke. Und dann nimmt er seinen Schlüssel sperrt die Tür auf. Geht hinaus. Wirft einen Blick in den Gang. Keiner da. Wir gehen weiter immer weiter. Noch einige Gänge. Dann durch den Hof, dann zum großen eisernen Tor. Er steht davor, die Sonne geht unter und Charly stirbt nie.
Gone, bit not forgetten.
Wenige besitzen viel und viele besitzen wenig. Selbst wenn es Hohenschönhausen als Gedenkstätte einmal nicht mehr geben sollte, selbst dann bleibt er der Rocker seiner Zeit, der die Freiheit mit seiner Freiheit bezahlt hat.
Er streckt die Zunge raus. Atmet tief durch. Er liebt es vor, diesem Tor zu stehen. Welch unheilvoller Name. Hohenschönhausen. Als ich das erste Mal durch das Tor ging holt mich die Ohnmacht ein. Als Häftling habe ich das alles nicht gesehen. Aber als ich dort im Haft war, da habe ich das alles nicht gesehen. Während meiner Haftzeit wußte ich das gar nicht, wie das dort aussah. Ich kam da hinein, als politischer Häftling. Ich kannte das alles nicht, wie das heute aussieht, wenn man von Außen, hineingeht und eine Besichtigung macht. Die Schuld muss bewiesen sein. Die Akte muss stimmen. Der Tag der Befreiung, den habe ich nicht erlebt. Ich war damals in Lagerhaft. Das Ende des Krieges. Eine neue Zeit. Die Konferenz der Siegermächte. Die Regierungsgewalt wird übernommen. Viele haben Hoffnungen. Nazielite kam nach Hohenschönhausen. Staubmantel. Dolmetscher. Sie müssen mal mitkommen. Nehmen sie Ihre Decke mit. Es kann länger dauern. Als alles zu Ende war. Die Jugend wurde Volkssturm. Ich war kein Werwolf. Ich habe keine Vernehmung erlebt in der ich nicht ins Gesicht geschlagen wurde. Und wenn ich nicht gefällig antwortete, wurde ich wieder geschlagen. Man hat nur einmal nicht unterschrieben, was einem einmal vorgelegt wurde. Kahlgeschoren wurde man bei der Ankunft. Die Pritschen mussten mit mehreren geteilt werden. Bis zu 4.000 waren wir in diesen verwanzten Lagern. Ohne Toiletten, ohne Waschgelegenheiten. Keine Gespräche. In den Lagern gaben es keine Gespräche über die frühere Vergangenheit. Ein großes Schweigen. Aber es gab ein Lagertheater. Das war ziemlich gut. Den Prolog aus dem Faust, den habe ich sogar auswendig gelernt. der Kurs wurde vorgegeben. Die SED wurde die Einheitspartei.
Dann sagt er zu mir. Und Weihnachten, da spielen wir Schach und ich lege Dich matt. Und zwar nicht nur einmal. Die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen besteht aus den Räumlichkeiten der ehemaligen zentralen Untersuchungshaftanstalt der Staatssicherheit der DDR, die von 1951 bis 1989 in Weißensee bzw. Hohenschönhausen in Betrieb war. Dort wurden vor allem politische Gefangene inhaftiert und physisch und psychisch gefoltert.[1] Heute existiert an gleicher Stelle eine Gedenkstätte als Erinnerungsort für die Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft in Deutschland. Die Gebäude der ehemaligen Haftanstalt wurden 1992 unter Denkmalschutz gestellt. Die Gedenkstätte ist Mitglied der „Platform of European Memory and Conscience“.
Es klingelt. Heute schon zum zweiten Mal. Diesmal gehe ich ans Telefon. Eine vorsichtige Stimme. Ist da? Ja,... ich bin es. Sofort kenne ich seine Stimme, seine Art. Pause, Stille. Kein Wort. Ich bin so außer Atem. Sagt er. Wir haben uns lange nicht gehört. Völlig aus den Augen verloren. Wo bist Du? Nächste Woche bin ich in Paris. Schön. Ich war noch in Deiner Wohnung in München Grünwald. Aber da warst Du gerade ausgezogen. Ja. Schön Dich zu hören. Was machst Du? Ich pendle immer noch. Ja. Ich weiß das nicht mehr. Was ist passiert inzwischen? Du hattest soviel Angst. Warst Du im Gefängnis? Nein. Verurteilt worden bin ich. Vorher war ich in der Psychiatrie. Ich hatte große Angst vor einer erneuten Verhaftung.
Ich bin auch gerade dabei mein ersten Buch zu veröffentlichen. Ja. Ja, und ich brauche Dich, als Kollegen. Ich habe Angst vor dem Publizieren. Die Sümpfe der Publicity, die sich dann auftun. Die Interviews und die Öffentlichkeit. So, wie Du aus Dir dann den Herrn X gemacht hast. So ändere ich auch ständig meinen Namen. Zu viele Ereignisse. Zuviel Prominenz und zu viele zu große Geschichten, die ich weiß. Ich komme mir vor, wie eine Zeitzeugin, die nicht nur einen Mord beobachtet hat, sondern die Gesellschaft in all Ihren Facetten. Ich weiß zu viel. Ich kann damit nicht leben. Und all diese Geschichten. Immer wieder neue. Und ich glaube sie oft und dann wieder nicht. Lieber..., bitte komm mit Deinen drei Kindern und Deiner Frau zu meinem fünfzigsten Geburtstag nach Meran. Er weiß unendlich viel und spricht so hochgestochen, das ringsum alle blass werden. Schöner stolzer Mann, ich habe gerade die Geschichte der Kinder aus den Lebensbornheimen der Nazis studiert. Gisela Heidenreich schreibt rührend darüber. Du bist so einer, ein Sohn der Nazis und was Du kannst ist, stolz daher kommen. Du bist eine Erscheinung. Du hast mir immer imponiert und jetzt holt uns unsere Geschichte eine. Die Leben vorher, die Leben unserer Vorfahren und unserer Eltern! Wer waren sie? Und was haben sie uns hinterlassen. Die Kunst an Luftschlösser zu glauben. Du sagst, bei dem zweiten Anruf heute, die Armut ist Gott sei Dank Vergangenheit. Ich stecke noch mitten drin. Wenn man sich kein Wasser kaufen kann und auch gratis keines bekommt, dann ist man an der Grenze angelangt. Hunger, Durst und Kälte. Diese drei Dinge kann man nur kurz aushalten. Und ich denke, wieder an das Gefängnis Hohenschönhausen. Die Zellen, ohne Möglichkeit nach draußen zu schauen. Nicht zu wissen wo man ist. Diese totale Orientierungslosigkeit. Und was mit der Familie passiert ist. Wo sie sind.
Ich weiß. Deine Mutter hast Du nicht mehr gesehen. Sie ist 2009 gestorben. Dein Vater, der lebt noch. Aber mein Vater und wir, Deine ersten Freunde hier in der neuen Welt, in München, nach der Flucht. Wir sind nun Deine Familie. Ich fühle mich verantwortlich für Deine Seele. Als wenn Du ein Kind wärst meines Großvaters, väterlicherseits, beziehungsweise ein Enkelkind. Du bist ein Bruder, ein Fluch, eine Hoffnung, eine Ahnung und auch eine Sehnsucht. Aber das ganze ist eine Utopie. Weil wir selber Kinder haben. Du drei, ich zwei. Das ist schön. Das ist wirklich das Schönste. Wie schön und wie verzweifelt, Deine Sehnsucht nach Jesus. Ich erzähle Dir von den Mormonen und wie sehr ich es liebe die Idee, der Keuschheit vor der Ehe. Und dann den einzigen, den einen Partner zu lieben. Ein ganzes Leben lang. Ich hatte nie so tolle Noten wie Du, aber ich habe mindestens genau soviel gelesen. Möchte ich behaupten. Deine Noten helfen Dir jetzt, jetzt hast Du gute Arbeitsmöglichkeiten und neue Aufgaben vor Dir. Ich bleibe ewig scheiternd, weil ich die Blockaden nicht wegbekomme. Die Blockade mich nicht zu trauen. Über heiße Kohlen gehen. Was für eine absurde Idee. Wozu. Aber ich bewundere diese Kraft, es zu wagen, den ersten Schritt zu tun und sich mental zu überlisten, das es feuchtes, nasses Moos wäre. Toll, das es das gibt. Die Kraft über sich hinauszuwachsen. Im Gefängnisleben braucht man das täglich, andauernd. Irgendwie kann man das auch sofort, weil man ja sonst die ganzen Qualen und Terrorprozeduren gar nicht überstehen könnte. Jesus, wann bin ich endlich bei Dir? Nach dem Schulabschluss wurde er in der kaufmännischen Geschäftsleitung der Sekte tätig. Trotz seiner rebellischen Haltung gegenüber der Sektenführung schaffte er es, seine Position innerhalb der Colonia auszubauen und zu festigen. Von dieser Stellung aus konnte er Einsicht nehmen in die Machenschaften der Gruppierung, die sich nach außen als karitative Gemeinschaft darstellte. Wegen seiner öffentlichen Kritik an der Wirtschaftskriminalität der Sekte wurde er mehrmals Opfer von Mordversuchen. Als ich das von Dir erfahren habe, wußte ich, wie gut Du das kannst, über heiße Kohlen gehen. Du bist wie Charly, den Rebell aus Hohenschönhausen. Du kannst das alles überleben und bringst Dich nicht um, weil Du ein Sieger Typ bist. Und weil Du sehr große Ziele hast und Ideologien. Ich habe begonnen die Geschichte der Utopie von Thomas Schölderle zu lesen. Durch Deine große Kritik und Deine fundamentalen Erkenntnisse über das Böse von Machtstrukturen hast Du eine enorme Kraft entwickelt, ein großer Politiker und Mann zu werden. Aber Achtung. Du hast es auch in Dir, die Macht zu manipulieren. Und dann gleitet Dir alles aus den Händen. Ich habe Angst und Sorge. Ich fürchte mich vor Dir und doch mag ich es, wenn ich weiß, das es Dir gut geht. Also, bitte pass- auf Dich auf! Und melde Dich ab und zu. Ich werde einen Blog für Dich einrichten für all Deine Fans und Sympathisanten.
Zum Frühstück gab es Cornflakes mit Milch. Also, ich bin jetzt eine AMEISE! Fühle mich klein und sehr winzig. Gehe auf Entdeckungsreise. Eines meiner Lieblingsbeschäftigungen. Erinnerungen wach halten!Auch nicht, wenn ich mich verändere. Auch nicht, wenn Du Dich veränderst. Nur wenn wir alle lernen die Erinnerungen zu schätzen und zu wahren und wenn wir lernen zu lernen und nicht zu wiederholen, ich denke, nur dann haben wir eine Chance zu ertragen.
andere Kollegen und Kämpfer. Ich glaube nicht an den Himmel, aber an Legenden und an Gedanken, sowie Träume, die bleiben.










Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen